Mit Hilfe von schiitischen Milizen will Iraks Regierung die Provinzhauptstadt Ramadi aus der IS-Gewalt befreien. Doch der Einsatz der schiitischen Kämpfer in Ramadi ist höchst umstritten.

Bagdad - Mit einer Offensive und dem Einsatz schiitischer Milizen will Iraks Regierung die Provinzhauptstadt Ramadi aus der Gewalt der sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) befreien.

 

Rund 3000 Kämpfer der Schiiten-Milizen seien auf einem Militärstützpunkt nahe der Stadt im Westen des Landes eingetroffen, erklärte der Rat der Provinz Al-Anbar am Montag. Zugleich gingen im benachbarten Syrien die heftigen Kämpfe zwischen IS und Regime um die historische Oasenstadt Palmyra weiter.

Der Einsatz der schiitischen Kämpfer in Ramadi ist höchst umstritten, da in der Provinz Sunniten leben. Die Milizen hatten im März auch die Befreiung der ebenfalls vor allem von Sunniten bewohnten Stadt Tikrit aus den Händen des IS angeführt. Anschließend gab es Berichte über Plünderungen und Übergriffe von Schiiten auf Sunniten. Iraks Sunniten sehen sich seit langem von der schiitischen Mehrheit diskriminiert.

Sunnitische Stämme in Al-Anbar lehnten einen Einsatz der Milizen in ihrer Provinz lange ab. Nach dem weiteren IS-Vormarsch gaben sie ihren Widerstand jedoch auf. Kritiker befürchten, durch den Einsatz der eng mit dem ebenfalls schiitischen Iran verbundenen Milizen könnte Teheran seinen Einfluss auf den Irak weiter ausdehnen.

IS-Kämpfer hatten Ramadi rund 110 Kilometer westlich von Bagdad am Wochenende nach heftigen Kämpfen völlig unter ihre Kontrolle gebracht. Bei den Kämpfen um die Stadt kamen seit Freitag rund 600 Menschen ums Leben, darunter Frauen und Kinder, wie der Vize-Vorsitzende des Provinzrates, Falich al-Issawi, erklärte. Rund 7000 Menschen seien vor der Gewalt aus der Region geflohen.

Irakische Armee scheitert in Ramadi

Mit dem Vormarsch beherrscht der IS nun fast die gesamte von Sunniten bewohnte Provinz Al-Anbar. Die irakische Armee hatte im vergangenen Monat eine Offensive gestartet, mit der sie die Region eigentlich befreien wollte. Kritiker des irakischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi lasten dem Regierungschef die Niederlage in Ramadi an.

Auch das irakische Verteidigungsministerium schickte am Montag nach eigenen Angaben Verstärkungen in die Provinz Al-Anbar. US-Außenminister John Kerry sagte bei einem Besuch in Südkorea, er sei zuversichtlich, dass Ramadi bald zurückerobert werden könne.

Bei den Kämpfen um Palmyra kamen fünf Zivilisten sowie Kämpfer auf beiden Seiten ums Leben, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete. Seit Beginn der IS-Angriffe auf Palmyra Mitte vergangener Woche seien fast 170 Regierungskämpfer getötet worden. Neun von ihnen hätten die Extremisten die Köpfe abgeschnitten.

Den syrischen Truppen war es am Wochenende nach erbitterten Kämpfen gelungen, die Extremisten aus Palmyra zurückzudrängen. Die Stadt in Zentralsyrien gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Sie gilt als einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten.