Das Ensemble Ascolta hat im Theaterhaus Stücke von Isabel Mundry vorgestellt.

Stuttgart - Was ist gute Musik? Woran macht sich Qualität fest? „Ich kann Musik nicht ohne Empathie denken“, sagt die Komponistin Isabel Mundry; beim Aufschreiben von Klängen habe sie immer eine körperliche Vorstellung, deshalb habe sie sogar schon einmal „Muskelkater vom Komponieren bekommen“. Mundry, zu Gast beim Ensemble Ascolta, das im Rahmen der Konzertreihe „Südseite nachts“ bei Musik der Jahrhunderte im Theaterhaus auftritt, stellt sich den Fragen des Pianisten Florian Hoelscher, der vorher das Solostück „turning around“ der Komponistin gespielt hat. Dort hat man das Körperliche wahrgenommen, das die Qualität von Isabel Mundrys Musik mit ausmacht. Was noch zu ihrer Kunst gehört, lernt man hörend kennen, nachdem die 56-Jährige noch rasch ihr Plädoyer gegen das „Ego-Pathos“ losgeworden ist („Ich gehe nie morgens an den Schreibtisch, um mich selbst auszudrücken“). Erik Borgir interpretiert den ersten Satz der Cellosonate „Le Corps des Cordes“, unter Catherine Larsen-Maguires Leitung spielt das Ensemble „Das Rohe und das Geformte“ (III), und schließlich gipfelt der Abend noch in „Sounds/Archeologies“ für Klavier, Cello und Bassetthorn.

 

Akribisch untersucht die Komponistin Melodie, Harmonie, Sprache und Rhythmus

Vor allem dieses Trio, dessen Stimmen die Musiker ungemein dicht, ja so spannend aufeinander zu- und voneinander wegfließen lassen, dass es einem immer wieder schier den Atem verschlägt, geht über Mundrys Materialsammlung, über ihre extrem akribische Art des Untersuchens und Gegeneinanderstellens von Melodie, Harmonie, Sprache und Rhythmus weit hinaus. Es hat etwas mit dem Hinter-die Dinge-schauen-Wollen zu tun. Da ist ein Tremolo, da ein Pizzicato, dort ein Glissando und ein gleichsam „verschmutztes“ Flageolett – alles Gesten, die man irgendwo schon einmal gehört hat. Isabel Mundry dreht und wendet sie, kombiniert sie spielerisch. Man kann ihr Trio als reinen Klang-Dialog genießen, denn er ist exzellent gedacht und gemacht. Man kann ihn aber auch mit einer Frage im Hintergrund hören, die weit über die sinnliche Klanglichkeit hinausgeht. Was bedeuten die Klänge, worauf verweisen sie? Man kann das Metaebene nennen. Mundry selbst spricht von „kommunikativem Potenzial“. Die Qualität von Musik macht sich auch daran fest, dass etwas nachklingt, wenn sie verklungen ist. Ein erfüllter Abend.