Die Landesregierung will beim Ausbau des islamischen Religionsunterrichts Tempo machen. Doch seit 2006 ist sie nicht entscheidend vorangekommen, kommentiert StZ-Redakteurin Renate Allgöwer.

Stuttgart - Es muss den muslimischen Eltern im Land wie Hohn in den Ohren klingen, wenn die Regierungsspitzen jetzt verkünden, sie würden Tempo machen bei der Ausweitung des islamischen Religionsunterrichts. 2006 haben die ersten zwölf Grundschulen mit dem Islamunterricht begonnen. Schon sechs Jahre vorher hatte die damalige Kultusministerin Annette Schavan (CDU) für den Unterricht plädiert und über Modellversuche diskutiert. Bis jetzt ist man über das Stadium des Modellversuchs nicht hinaus gekommen. Die Grundfrage ist im Land noch immer nicht beantwortet. Es fehlt nach wie vor der institutionelle Ansprechpartner. Daran sind die muslimischen Verbände nicht unschuldig. Doch andere Länder haben es vorgemacht, dass Einigung möglich ist. Niedersachsen beispielsweise hat einen Beirat der muslimischen Verbände gebildet und bietet nun regulären Islamunterricht an. Dazu müssen sich beide Seiten bewegen. Das muss auch in Baden-Württemberg möglich sein.

 

Die integrative Wirkung des Islamunterrichts ist unbestritten, die Ausweitung zwingend notwendig, denn bisher wird nur 2000 von 70 000 muslimischen Schülern im Land ein solches Angebot gemacht. Aufklärung und Diskussion über Glaubensinhalte und Werte gelten als bester Schutz vor Radikalisierung. Das ist auch die Aufgabe des Ethikunterrichts für Kinder, die nicht konfessionsgebunden sind. Dessen flächendeckende Einführung hat Grün-Rot für diese Legislaturperiode bedauerlicherweise vertagt.