Spaghetti Bolognese sind weltweit beliebt. Doch wenn Touristen das Nudel-Gericht in Italien bestellen, werden sie oft ratlos angesehen. Das liegt am Namen.

Rom/Bologna - Touristen zu belauschen ist ein nicht immer freiwilliger, aber mitunter recht erhellender Zeitvertreib. „Ich dachte, das ist ein richtiges Restaurant“, schimpft der bereits volljährige, recht korpulente Sohn beim Studieren einer Speisekarte im idyllischen Castel Gandolfo auf seinen verdutzten Vater ein. „Aber hier gibt es ja nicht einmal Spaghetti Bolognese!“ Dass er mit der Bestellung von Pasta al Ragù wohl genau das auf seinem Teller vorfinden würde, was er sich so sehnlichst wünscht, wird er wohl nie erfahren. Tief Enttäuscht und hungrig zieht das Vater-Sohn-Gespann zur nächsten Gaststätte. Auf der Suche nach dem Nicht-Existenten.

 

Fake News machen vor nichts Halt – auch nicht vor dem Essen. Nudeln mit einer Hackfleisch-Tomatensoße sind als „Spaghetti Bolognese“ seit Jahrzehnten weltweit in aller Munde. Was einmal mehr beweist, dass falsche Nachrichten schon vor der Erfindung der sozialen Medien verbreitet wurden. Der Bürgermeister von Bologna, Virginio Merola, zieht nun endlich gegen die falsche Bezeichnung eines angeblichen Klassikers der italienischen Küche zu Felde. In der norditalienischen Stadt jedenfalls kenne man keine „Spaghetti Bolognese“ schreibt Merola. „Das Gericht gibt es gar nicht, obwohl es auf der ganzen Welt bestellt wird.“

Nudel-Aufklärung via Twitter

Bolognas Bürgermeister hat daher eine Aufklärungs-Kampagne gestartet. „Liebe Bürger“, schreibt der 64-Jährige dieser Tage auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, „ich sammle Fotos aus aller Welt von Spaghetti alla Bolognese.“ Darunter ein Foto aus London von einer Tafel, auf der genau dieses Gericht angepriesen wird. Nur eines von unzähligen weiteren: Menschen aus aller Welt schicken dem Bürgermeister ihre Fundstücke, darunter auch Packungen von Pulver für Fertigsoßen, auf denen auch noch der Hinweis „typisch italienisch“ prangt oder Gläschen mit Babynahrung, die schon den Kleinsten „Spaghetti Bolognese“ in Form einer orangenen Paste versprechen. Die Fotos, so kündigte Merola an, werde er sammeln und in der „FICO Eataly World“, einer Art kulinarischen Dauermesse in Bologna, demnächst ausstellen.

„Wir freuen uns natürlich, dass so die Aufmerksamkeit auf unsere Stadt gelenkt wird“, sagt Merola in einem Interview mit dem Radiosender Rai leicht ironisch. „Aber wir würden es dann doch bevorzugen, wenn Bologna in der Welt für das bekannt würde, was wirklich von hier kommt – wie Tagliatelle, Tortellini oder Lasagne.“

Spaghetti Bolognese sind aber bei weitem nicht die einzige Fälschung, die in puncto italienischer Küchentradition kursieren. Daher noch ein Tipp: Sollten Sie jemals in einem Restaurant in Italien das Wort „Panna“, also Sahne, unter der Beschreibung für Spaghetti alla Carbonara finden, empfiehlt es sich, dieses so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Sie sind in einem Lokal speziell für Touristen gelandet. Die echte Carbonara braucht nicht mehr als Eier, Speck, Parmesan und etwas frischen Pfeffer.

Das Geheimis des echten Ragù alla bolognese

Die Akademie für italienische Kochkunst hat 1982 in der Handelskammer von Bologna ein Originalrezept für ragù alla bolognese eingereicht. Darin sind Zutaten und Zubereitung festgelegt: grobes Rinderhackfleisch, Bauchspeck, Karotten, Stangensellerie, Zwiebeln, Tomaten, trockener Weißwein, Vollmilch, Gemüsebrühe, Olivenöl oder Butter, Salz und Pfeffer (evtl. ein Schuss Sahne).

Dieses Ragu wird traditionell nicht mit Spaghetti gegessen, sondern mit Tagliatelle (Bandnudeln). Charakteristisch für die Zubereitung ist vor allem das lange, geduldige Köcheln.