Sportgaststätten haben andere Bedingungen als Lokale in der City, Vereinsheime sind immer noch etwas Besonderes. Aber hier findet auch ein Wandel statt. Bei der SG West und den Sportfreunden Stuttgart auf der Waldau sind neue Pächter eingezogen.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Der letzte Pächter hat nicht lange durchgehalten. Erst im Mai 2017 hatte die Familie Schmidt und Panse in der Vereinsgaststätte der Sportfreunde Stuttgart auf der Waldau ihr Lokal Beim Schmidti eröffnet – und damit nach 20 Jahren den Traditionswirt „Paule“ Kavazis abgelöst. Aus griechisch wurde schwäbisch. Nach nicht einmal einem Jahr ist es damit wieder vorbei. Wirtschaftliche und organisatorische Schwierigkeiten nennt Vereinsvorstand Alexander Bader als Gründe.

 

Jetzt setzt man bei den Sportfreunden auf italienisch: Seit knapp sechs Wochen betreibt am Keßlerweg 5 Stefano Esposito mit seiner Familie das Peperoni. Er ist in einer Gastronomenfamilie groß geworden. Sein Vater Enzo betrieb lange Zeit die Taverna in Degerloch. Dort hat Esposito mitgeholfen. Fast 15 Jahre hatte er ein italienisches Restaurant in den Patch Barracks. Weil der Vertrag dort ausgelaufen war, suchte er nach etwas Neuem und ist dann auf der Waldau fündig geworden.

Pächter von Vereinsheimen wechseln häufig

Vereinslokale gelten oft als besonders, ja manchmal auch als schwierig. Die Pächter wechseln deshalb häufig. Manche Vereine haben es schwer, jemanden zu finden. „Im Vergleich zur Innenstadt liegen die Vereinsgaststätten häufig in weniger frequentierten Gebieten“, sagt Bader. Allein von den Mitgliedern könne kein Pächter leben. „Der Gastronom eines Vereinslokals muss durch sein Konzept und seine Küche auch Gäste von außerhalb überzeugen.“

Auf der Waldau wiederum bieten sich viele Alternativen an. An der großen Sportanlage warten rund ein Dutzend Vereinslokale auf Gäste. „Hier gibt es fast mehr Gaststätten als in der Stadt“, sagt Esposito und lacht.

Gastronomisches Konzept muss zum Verein passen

Er ist dennoch sehr positiv gestimmt: „Schon okay hier“, sagt er in seinem gebrochenen Deutsch. Er entscheide, was er koche. Niemand rede ihm da eigentlich rein. Der gebürtige Neapolitaner setzt auf traditionelle italienische Küche.

Aber das gastronomische Konzept müsse natürlich auch zum Verein passen, findet Alexander Bader. „Es sollte nicht zu sehr mit den althergebrachten Gewohnheiten und Erwartungen der Mitglieder kollidieren.“

Denn da gibt es eben den Kegelclub oder die Skatrunde; Gäste, die seit 20 Jahren jede Woche dort hocken. Die trinken aber vielleicht am liebsten einen Rosé und wollen nicht plötzlich auf italienischen Rotwein umsteigen. „Deshalb schauen wir als Vereinsführung sehr genau auf die Entwicklung unserer Vereinsgaststätte“, sagt Bader. Jeder Pächter erhalte gerade nach der Neueröffnung vielfältige Unterstützung aus dem gesamten Verein.

Vorstellungen mancher Mitglieder sind unrealistisch

Aber wenn die Mitglieder Bier, Pommes und Schnitzel bevorzugen, dann muss sich der Wirt halt doch etwas anpassen. Stefano Esposito ist da prinzipiell recht offen, wie er sagt. Er mache auch Schnitzel, „wenn die Leute das wollen“. Vielleicht biete er nach den Ferien eine kleine schwäbische Karte an.

Oft sind die Vorstellungen der Mitglieder auch etwas unrealistisch. Denn reine Kneipen, die nur Getränke ausschenken, können kaum überleben. Sportübertragungen fallen für viele Vereinsheime auch seit einiger Zeit weg, seit die Gebühren für den Sender Sky so teuer geworden sind.

Schwierige Lage, unflexible Gäste – warum machen Gastronomen das überhaupt? Claudia Corbacio und ihr Mann Cosimo Pesare sehen durchaus eher einen Vorteil in der Vereinsgastronomie: „Man hat ja gleich die Mitglieder als Kunden“, sagt Pesare. Vorstandssitzungen, Abteilungstreffen oder Stammtische nach dem Sport – das sind eben auch sehr zuverlässige Runden.

Bei der SG West wird jetzt italienisch gekocht

Zur SG West kam die Familie aber eher per Zufall. Eigentlich wollten sie nur ihren Sohn zum Fußball anmelden, erzählt Corbacio. Drei Tage später haben sie noch ein Konzept für die Vereinsgaststätte eingereicht. Seit März diesen Jahres sind sie Pächter an der Vogelsangstraße 148. „Es ist ein schönes Plätzchen“, sagt Corbacio. Bei der SG West war fast 15 Jahre „Schnitzel-König“ Steffen Geistbeck beheimatet, bevor er an die Bebelstraße umgezogen ist. Danach gab es wohl mehrere Pächterwechsel.

Die neue Familie kocht natürlich italienisch. Klar sei man gefragt worden, ob man auch Schnitzel anbiete, sagt Corbacio. „Aber wir bleiben unserer Küche treu.“ Sie würden das Restaurant komplett selbst gestalten. Bisher habe auch nie jemand versucht, ihnen reinzureden. „Wir fühlen uns hier im Verein sehr wohl“, sagt Pesare.

Er war lange Koch in der Gastro im Hauptbahnhof, danach hatte das Ehepaar an der Silberburgstraße den italienischen Lieferservice Voglia di Pizza eröffnet. Den Namen haben sie bei der SG West beibehalten, den Pizzaservice ebenfalls. Die Familie ist im Stuttgarter Westen sehr verwurzelt. „Einmal Westen, immer Westen“, sagt Corbacio und lacht. Bald wollen sie oben in die Wohnung im Vereinsheim einziehen. Das sei praktischer für die Kinder, sagt die Mutter.

Bei dem Ehepaar gibt es Pizza, Pasta, Salate und Antipasti – die klassische, italienische Küche eben. Ihr Ziel? „Der nette Italiener von nebenan sein“, sagt Corbacio.

Und am liebsten für den ganzen Stadtteil.

Weitere Neueröffnunngen und Veränderungen bei Vereinsheimen:

Bad Cannstatt: Auch beim Stuttgarter Sportclub 1900 an der Talstraße 210 steht eine Veränderung an. Ende August startet dort, pünktlich zum Bundesliga-Beginn, Familie Patasanu mit schwäbischer und südeuropäischer Küche.

Vaihingen: Beim Kraftsportverein Stuttgart hat zum Mai die Familie Fotiadis das Steakhouse Zum Schwaben eröffnet (Teufelswiesen 1, Dachswald).

Degerloch: Der Fußballverein Germania Degerloch hat sein in die Jahre gekommenes Vereinslokal Masaniello am Königsträßle 15 im Frühjahr umfangreich renoviert und modernisiert. Seit dem Umbau soll das Ristorante wieder viel besser laufen.