Trotz der Corona-Krise sind der Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken Marc Nickel und der Landrat Richard Sigel mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Kreiskrankenhäuser hoch zufrieden

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Winnenden/Schorndorf - Natürlich überschattet das Thema nach wie vor fast alles, aber beim Pressegespräch zu Lage und Entwicklung der Rems-Murr-Kliniken am Donnerstag betonen der Geschäftsführer Marc Nickel und der Aufsichtsratsvorsitzende, Landrat Richard Sigel, unisono: „Es soll heute eigentlich nicht um Corona gehen.“ Die Verantwortlichen wollen lieber endlich mal wieder eine frohe Botschaft verkünden. Der Jahresabschluss für die kreiseigenen Kliniken ist gemacht, und der kann sich – glaubt man den Zahlen – durchaus sehen lassen: Im laufenden Betrieb haben die beiden Krankenhäuser in Schorndorf und Winnenden erstmals wieder schwarze Zahlen geschrieben, aus einem satten Minus ist ein Plus von genau 133 454 Euro geworden.

 

Jahresdefizit in vier Jahren halbiert

Das freilich bedeutet nicht, dass die Hospitäler für den Kreis keine Zuschussgeschäfte mehr sind, denn wenn man die Abschreibungen für Investitionen und insbesondere Zins und Tilgung der Kosten für den Neubau der Klinik in Winnenden mit einberechnet, summiert sich das Jahresdefizit immer noch auf 15,8 Millionen Euro – vor vier Jahren allerdings war die Ziffer noch fast doppelt so groß gewesen.

Seit der Inbetriebnahme des Winnender Krankenhauses im Jahr 2014 verzeichnen die Rems-Murr-Kliniken laut Angaben von Marc Nickel ein Viertel mehr Patienten und 41 Prozent mehr Leistung. „Unsere Medizinkonzeption kommt an“, kommentiert der Geschäftsführer diese Entwicklung und betont, dass beide Standorte an dem Leistungszuwachs beteiligt gewesen seien. In Winnenden sei das Ergebnis zuletzt um vier Prozent gegenüber dem Vorjahr verbessert worden, in Schorndorf sogar um fünf Prozent.

Die wirtschaftlichen Zahlen seien die eine Sache, die andere, dass die in den vergangenen Jahren gemachten strukturellen und organisatorischen Veränderungen die Kliniken auch – und damit kommt Nickel dann doch auf das Coronathema – gut auf die Krisensituation vorbereitet hätten. In einer solchen zeigten sich meist die Stärken oder Schwächen eines Unternehmens. Für die Rems-Murr-Kliniken konstatiert Nickel: „Wir haben uns in kürzester Zeit auf die Pandemie eingestellt und wie ein Fels in der Brandung die Welle abgefangen.“

Ausdrücklich beziehen der Manager und der Landrat da die Mitarbeiter mit ein. Er sei stolz und dankbar, was diese geleistet hätten, betonen beide. Dass ausgerechnet die Klinikmitarbeiter bei der von Gesundheitsminister Spahn angekündigten Sonderprämie für Pflegekräfte in die Röhre schauten, halten die Verantwortlichen vor Ort, euphemistisch ausgedrückt, für dumm gelaufen. „Da sind von der Politik. Riesenerwartungen geweckt worden und wir müssen hier jetzt mit der Enttäuschung umgehen“, sagt der Landrat.

Landrat erwartet nur blaues Auge

Für das Klinikunternehmen insgesamt sei nun zu hoffen, dass die Versprechungen auf Ausgleichszahlungen für frei gehaltene Kapazitäten während der Coronakrise eingehalten werden. Dann rechnet man, wirtschaftlich aus dem aktuellen Jahr mit einem „blauen Auge“ davonzukommen. Ein um sieben Millionen Euro gegenüber dem Planansatz schlechteres Ergebnis ist vorerst mal eingeplant.

Vieles hänge davon ab, wie schnell man nun wieder Geld verdienen kann. Ein „Normalbetrieb“ von 1. Juli an ist angepeilt, wobei dies aber nur bedeutet, dass wieder planbare Behandlungen vorgenommen und ein – wenn auch eingeschränkter – Besucherverkehr ermöglicht werden sollen. Corona-Schutzmaßnahmen werden weiter nötig sein. Die Arbeiten an einem ausgefeilten Gesamtsystem liefen auf Hochtouren, sagt Marc Nickel. Beispielsweise werde der Eingangsbereich radikal umgebaut. „Man könnte sich künftig im Eincheckbereich eines Flughafens wähnen.“

Kritik, warum die Öffnung der Rems-Murr-Kliniken insbesondere für Besucher im Vergleich zu manch anderem Krankenhaus eher zögerlich vonstatten gegangen ist, beantwortet Nickel mit einer unterschiedlichen Risikoeinschätzung. Die Sorglosigkeit andernorts hält er für „manchmal erschreckend“. In Potsdam ermittelt zurzeit die Staatsanwaltschaft nach einer Häufung von Coronainfektionen bei Patienten und Mitarbeitern wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung gegen die Klinikleitung. Nickel: „In diese Verlegenheit möchte ich nicht kommen.“