Mit einer Gedenkfeier hat die Polizei an den 8. August 1989 erinnert. Damals starben auf der Gaisburger Brücke zwei Polizeibeamte, drei wurden teils schwer verletzt. Ein Mann hatte mit einer Waffe um sich gestochen, als er festgenommen werden sollte.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Der Innenminister Reinhold Gall (SPD) ist gekommen. Der Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) ist da. Der Polizeipräsident Franz Lutz und einer seiner Vorgänger, Volker Haas, stehen am Brückengeländer. Die Eltern, die Witwe, die Freunde und Kollegen, alle sind sie da, weil zwei fehlen. Am Tatort erinnern zur Tatzeit kurz nach 9 Uhr am Freitag die Weggefährten an die beiden Polizisten Harald Poppe und Peter Quast, die auf der Gaisburger Brücke am Morgen des 8. August 1989 ermordet wurden, vor 25 Jahren.

 

Damals stellten zwei Beamte einen Mann an der Brücke, der am frühen Morgen in der Stadtbahn einen Kontrolleur angegriffen und geschlagen hatte. Er widersetzte sich, sodass sie Verstärkung riefen. Am Ende standen fünf Beamte um den Mann, einen abgelehnten Asylbewerber. Als zwei ihn am Arm nahmen, um ihn zum Polizeiauto zu bringen, rastete der Mann aus und stach mit einem Bajonett um sich. Die Waffe hatte der Mann die ganze Zeit über unter einer Zeitung in der Hand gehalten, die Beamten konnten das nicht ahnen. Vier Polizisten erlitten schwerste Verletzungen, einer leichte. Ein Mann starb noch auf dem Gehweg, einer im Krankenhaus. Die Beamten schossen auf den Angreifer. Einer von ihnen, Jürgen Hähnlein, setzt zu den tödlichen Schüssen an. Am Ende liegt Frederic Otomo, der Mann mit dem Bajonett, tot neben den verletzten Beamten auf dem Gehweg.

Gall: „Ein schmerzhafter Tag für die Polizei“

„Der 8. August ist ein schmerzhafter Tag für die Polizei“, sagt der Innenminister Reinhold Gall. Unbeschreiblich nannte Gall das Leid, dass die Familien der Opfer ertragen mussten. „Deshalb sind wir heute hier, um unser Mitgefühl zu zeigen. Aber auch um den Toten zuzurufen: Ihr seid nicht vergessen“, sagt der Innenminister. Aber es geht nicht nur um die Trauer und den Schmerz an diesem Tag. Der Innenminister sieht auch eine Botschaft, eine Warnung, in dem tragischen Geschehen von Gaisburg. Der amokartige Angriff führe vor Augen, dass die Gefahr im Polizeiberuf aus dem Nichts, aus der täglichen Routine heraus, entstehen könne. „Trotzdem stellen sich Männer und Frauen in diesen Dienst. Das ist mutig“, sagt Reinhold Gall. Peter Quast, Harald Poppe und die bei der Bluttat verletzten Kollegen, die überlebten – was bei der Schwere der Verletzungen einem Wunder gleich kam –hätten Verantwortung für die freiheitlich demokratische Grundordnung übernommen.

„Die Wunden, die diese sinnlose Tat gerissen hat, schmerzen heute noch“, sagt der Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Er versicherte den Eltern des ermordeten Harald Poppe und der Witwe des erstochenen Peter Quast, dass damals die Menschen in der Stadt mit den Angehörigen fühlten und auch heute noch viele Bürger, die sich an die Tat erinnern, Anteil nehmen würden.

Die drei Überlebenden der Attacke sind auch mit dabei

Der Polizeipräsident Franz Lutz wünscht den Angehörigen, dass sie Geborgenheit finden in dem Mitgefühl all derer, die zur Gedenkveranstaltung an die Stelle gekommen sind, wo der Angriff stattfand. Alle Beamten teilen mit Partnern, Eltern und Kindern die Sorge um die Polizisten, die täglich im Einsatz sind. „Uns alle verbindet die Hoffnung, dass so etwas nie wieder passiert“, so Lutz.

Neben den Eltern und der Witwe stehen am Freitagmorgen Schulter an Schulter die drei Überlebenden, die Beamten Jürgen Hähnlein und Joachim Lohmüller, die auch heute noch im Polizeidienst sind, und Gunther Albrecht. Einer von ihnen lässt alle sehen, wie tief bewegt die Männer auch 25 Jahre nach der Tat noch sind. Als der offizielle Teil der Gedenkveranstaltung vorbei ist, die Kränze und Gestecke niedergelegt sind, nimmt sich Jürgen Hähnlein einen Augenblick Zeit, geht zur Gedenktafel, legt seine Hand auf die Namen der toten Kollegen und bleibt dort stehen.