Der scheidende Vorstandsvorsitzende Hans-Jörg Vetter warnt vor steigenden Risiken durch die weltweiten Krisen. Unter seiner Führung schreibt das Institut seit 16 Quartalen schwarze Zahlen.

Stuttgart - Hans-Jörg Vetter sieht sich nicht am Ende seines Weges. Deshalb macht sich der Vorstandschef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) nach eigener Aussage noch keine Gedanken, was er tun möchte, nachdem er seinen Posten bei Deutschlands größter Landesbank abgegeben haben wird. Vergangene Woche war überraschend der Abgang Vetters zum November 2016 bekanntgegeben worden; eigentlich lief sein Vertrag noch bis Mitte 2017. Seine Ablösung erklärte der 63-Jährige mit Altersgründen. Für seinen designierten Nachfolger, den Ex-Privatkundenvorstand der Deutschen Bank, Rainer Neske, fand Vetter am Mittwoch bei der Vorlage der vorläufigen Jahreszahlen für 2015 nur lobende Worte: „Ich freue mich für die Bank, unsere Mitarbeiter und unsere Kunden.“ Dem Aufsichtsrat sei es gelungen, einen „versierten, anerkannten Fachmann zu finden“. Neske passe insbesondere mit seinem Risikobewusstsein „hervorragend zu unserer Bank“, sagte Vetter.

 

Der scheidende Vorstandschef hinterlässt seinem Nachfolger ein starkes Polster. Die Kernkapitalquote legte gegenüber 2014 um zwei Prozentpunkte auf 15,6 Prozent zu. Damit steht das Institut besser da als viele Konkurrenten. Der Branchenführer Deutsche Bank erreichte 2015 eine Quote von 11,1 Prozent. Die LBBW konnte ihr Jahresergebnis vor Steuern bereits zum siebten Mal in Folge steigern und schreibt seit 16 Quartalen schwarze Zahlen. „Daran sieht man, dass wir mit unserem konsequenten Fokus auf dem kundenorientierten Geschäft grundsolide aufgestellt sind“, sagte Vetter. Das Vorsteuerergebnis legte im Vergleich zu 2014 um 54 Millionen auf 531 Millionen Euro zu. Da aufgrund von Sondereffekten mehr Steuern gezahlt wurden, sank der Nettogewinn um 16 Millionen auf 422 Millionen Euro. „Dieses ordentliche Ergebnis haben wir hart erarbeitet“, sagte der Vorstandsvorsitzende mit Blick auf die anhaltende Niedrigzinsphase, hohe regulatorische Anforderungen, den intensiven Wettbewerb und den Wandel der Branche durch die Digitalisierung.

Die Bank erhöht die Risikovorsorge drastisch

Für das laufende Jahr rechnet Vetter mit einem Konzernergebnis vor Steuern, das leicht unter dem Niveau des Vorjahres liegt. Grund dafür sei eine höhere Risikovorsorge für Kreditausfälle sowie Investitionen, vor allem im IT-Bereich. Das Kundengeschäft werde zwar weiterhin moderat wachsen, allerdings werde sich die Risikovorsorge, die wegen des Aufschwungs in den vergangenen Jahren außergewöhnlich niedrig war, normalisieren. 2015 hatte die Landesbank nur 55 Millionen Euro in die Risikovorsorge eingestellt. 2016 soll dieser Wert, der den Konzerngewinn vermindert, auf 180 bis 190 Millionen Euro steigen.

Der LBBW-Chef begründete diesen Schritt vor allem mit konjunkturellen Risiken. „Wir müssen uns nichts vormachen, die Unsicherheiten nehmen zu“, sagte Vetter mit Blick auf die Märkte in Schwellenländern wie Brasilien und China, aber auch auf Krisenregionen wie die Arabische Halbinsel und die Ukraine. Konkrete Anzeichen für einen Einbruch sieht er zwar nicht, man müsse aber vorsichtig planen: „Wir sollten besser darauf vorbereitet sein, dass im Laufe des Jahres etwas passiert.“

Bilanzsumme hat sich seit 2008 nahezu halbiert

Ähnlich wie bei der Risikovorsorge sei auch bei der Bilanzsumme der Tiefststand erreicht, sagte Vetter, der seit Mitte 2009 im Amt ist. Die Bilanzsumme werde künftig wieder zulegen. „Wenn andere reduzieren müssen, können wir mehr aufs Buch nehmen.“ Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 schraubte die Landesbank ihre Bilanzsumme von 448 Milliarden auf nun 234 Milliarden Euro herunter. Dazu trennte sie sich von einer Reihe von Beteiligungen und straffte ihr Auslandsnetz. Auch beim Abbau des riskanten Kreditersatzgeschäfts ist die Bank gut vorangekommen. Die letzten krisenbedingten Altlasten sollen bis spätestens Anfang 2019 abgebaut sein.

Zulegen will die LBBW bei der Unternehmens- und der Immobilienfinanzierung. Mit einem großen Kundenstamm – der Marktanteil liege im Firmenkundenbereich in Baden-Württemberg bei 35 Prozent – habe man eine „ausgesprochen gute Ausgangsbasis“. Für das Privatkundengeschäft rechnet Vetter wegen der niedrigen Zinsen nicht mit nennenswerten Zuwächsen. „Auch wenn die Gewinne nicht sprudeln, gehört das Privatkundengeschäft weiter zu unserer DNA“, sagte er. Die endgültigen Zahlen legt die LBBW im April vor.