Jakobsweg Auf Gottes Pfad

Fast 50 Kilometer misst die Etappe auf dem Jakobsweg von Esslingen nach Tübingen. Unser Reporter hat die Strecke an einem Tag bewältigt.
Stuttgart - Leben ist gehen, sagt man, aber wenn dem so wäre, dann würden die Bäume nicht leben. Sie schauen auf mich herunter: einen Pilger mit Kniebundhose, Hut, schwarzer Umhängtasche, Wasserflasche, sechs alten Wecken und zwei Wurstdosen für je 99 Cent vom Bahnhofskiosk.
49 Kilometer geht der Jakobsweg von Esslingen nach Tübingen. Eine Tagesreise wie sie normal wäre auf dem Pilgerpfad quer durch Europa nach Santiago de Compostela in Nordspanien. Dorthin sind seit dem 14. Jahrhundert Christen unterwegs, um am Grab des Heiligen Jakobus auf die Vergebung der Sünden zu hoffen.
Eine Reise beginnt mit einem Schritt, sagt man, und einen Schritt von der B10 entfernt beginnt der Dschungel, das Unbekannte. Der Jakobsweg führt in Esslingen am Nordufer des Neckars über verwitterte Treppenstufen, umgestürzte Bäume: ein grüner Teppich aus Frühjahrskräutern, die Vögel zwitschern und von unten donnert der Verkehr auf der vierspurigen Straße.
Ob man dem lieben Gott für einen Schlecker danken kann?
Der Weg ist das Ziel, sagt man, aber das ist falsch: Der Weg ist der Weg, und das Ziel ist Berkheim, ein Esslinger Stadtteil. Der Wind treibt mich durch Obstgärten, die Menschen grüßen, ahnen wohl, dass ich im Namen des Herrn unterwegs bin wie die Blues Brothers, nur ohne Brüder, aber dafür mit dem Blues. Dunkelblaue Regenwolken ziehen auf. "Schreibe nicht über das Wetter", lautet eine journalistische Grundregel, was aber soll man machen, wenn einen der Regen unter das Portal der katholischen Kirche in Berkheim treibt? Es stürmt so sehr, dass ich die Kapuze des Regenumhangs mit in der Hand festhalten muss, als ich nach Denkendorf wallfahre.
Im Mittleren Neckartal ziehen die Gewitter meist von Westen auf, was die östlich der Landeshauptstadt wohnende Bürgerschaft stets zu politischen Kommentaren ermuntert hat. "Emmer kommt's dick von Stuttgart", grollten die alten Leute und fluchten dann: "Heida Stuargart!"
Der Regen bringt Kälte, die Katzen jagen nicht mehr in den Vorgärten, sondern sitzen unter den Gartenhäuschen. In Denkendorf wähle ich mir einen Carport zum Unterstand, warte bis keine Regenkrönchen mehr in den Pfützen zu sehen sind und trotte steil bergab in die Denkendorfer Ortsmitte hinein. In den Bushaltestellen drängen sich Schüler, vergraben sich in Schirme und Kapuzen oder trotzen wie Freibeuter mit nassem Kopf der Kälte. Der Schlecker hat gerade aufgemacht. Ob man dem lieben Gott für einen Schlecker danken kann? Kaufe einen hübschen blauen Regenschirm und Süßigkeiten: Haribo macht Pilger froh.
Unsere Empfehlung für Sie

Hochschulen wollen digitaler werden „Die Unis könnten einen Sprung machen“
Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, der Hohenheimer Rektor Stephan Dabbert, ruft das Land zu einem jährlichen Sonderprogramm von 100 Millionen Euro auf, damit die Universitäten international aufholen. Bei den Prüfungen zeigen sich allerdings die Grenzen der Digitalisierung.

Landtag streitet über Lockdown Kretschmann verneint Wahlkampf
Der Ministerpräsident weist wahltaktische Motive für Corona-Entscheidungen weit von sich. Sozialminister Manfred Lucha beim Thema Impfen unter Beschuss.

Neue Corona-Maßnahmen im Südwesten Abgeordnete streiten über Verschärfung des Lockdowns
Auch im Südwesten soll der Lockdown bis zum 14. Februar verlängert werden. Bei der Bildung zeichnet sich allerdings ein Sonderweg ab. Grundschulen und Kitas sollen bereits ab 1. Februar wieder schrittweise öffnen.

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Hunderttausende mit höchster Priorität warten auf Corona-Impfung
Diesen Freitag eröffnen die rund 50 Kreisimpfzentren ihre Pforten. Anlässlich dazu hat das Statistische Landesamt Baden-Württemberg die Eckdaten zu den Personen mit höchster Priorität aufgelistet.

Daten zur Coronapandemie Erster Kreis im Land mit einer Inzidenz unter 50
Die Anzahl der Neuinfektionen geht auch Mitte der Woche deutlich zurück. In Baden-Württemberg sank die 7-Tage-Inzidenz am Mittwoch erstmals wieder unter den Wert von 100. Auch in Deutschland gehen die Zahlen zurück. Hier geht es zu den aktuellen Daten.

Homeoffice-Gipfel im Land Öffentlicher Dienst soll Vorbild sein
Die Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut ruft beim Homeoffice-Gipfel im Land zu mehr Heimarbeit auf – insbesondere im öffentlichen Dienst. Damit trifft sie auch den Nerv von Arbeitgebern und Gewerkschaften.