Real Madrid holt den kolumbianischen WM-Star James Rodríguez für 80 Millionen Euro – ein Spieler ganz nach Art des Hauses.

Madrid - Am frühen Nachmittag konnten auf der Vereinshomepage von Real Madrid endlich die Bilder getauscht werden: Toni Kroos runter, James Rodríguez rauf. Damit wurde offiziell bestätigt, was längst nicht mehr nur als Gerücht durch Spaniens Sommerhitze schwirrte. Neben dem deutschen Weltmeister-Regisseur verstärkt auch der WM-Aufsteiger das königliche Fußballensemble, neben dem Ersten der Fifa-Statistiken auch der Torschützenkönig. Wie Kroos unterschrieb der 23-jährige Kolumbianer einen Sechsjahresvertrag, am Abend wurde er im Estadio Santiago Bernabéu dem interessierten Publikum präsentiert. Zum blütenweißen Trikot mit dem neuen Polo-Kragen sah sein hübsches Jungengesicht besonders proper aus.

 

Strahlend, gut frisiert und potenziell glamourös – James Rodríguez ist ein Spieler ganz nach Art des Hauses. Das gilt selbstverständlich auch für seine technischen Fertigkeiten, die natürliche Eleganz seines Spiels und dessen Eruptionen in Form denkmalsschützenswerter Traumtore. Seine Volleyabnahme nach Selbstvorlage im Achtelfinale gegen Uruguay und sein feiner Chip im Gruppenspiel gegen Japan wurden in punkto ästhetischer Qualität gerade von der internationalen Fangemeinde zu den WM-Treffern Nummer eins und drei gewählt.

Die hofnahe „Marca“ traf Volkes Träume also mal wieder auf den Punkt, als das Madrider Sportblatt gestern titelte: „Das elfte (Welt-)wunder.“ Die Zahl dient dabei weniger als numerische Definition einer Fußballmannschaft denn als Erinnerung an das Klassenziel von neuer wie alter Belegschaft: den elften Europapokal der Landesmeister beziehungsweise den Gewinn der Champions League, was auch sonst.

Drittteuerster Spieler der Vereinsgeschichte

James, gesprochen: Chames, kommt für rund 80 Millionen Euro vom AS Monaco, er ist damit der drittteuerste Spieler der Vereinsgeschichte nach seinen künftigen Offensivpartnern Gareth Bale (101) und Cristiano Ronaldo (94). Jenseits von Madrid wurde nur in Barcelona schon mehr Geld ausgegeben, für Neymar (99, wenn man Nebenzahlungen mit einberechnet) sowie gerade jetzt für Luis Súarez, dessen Wechsel vom FC Liverpool zu Barça auf 81 Millionen Euro taxiert wurde. Dass Reals Präsident Florentino Pérez wegen einer läppischen Million diesen Sommer auf seinen rituellen Transferrekord verzichtet, mag Hardcore-Fans enttäuschen, aber wenigstens stellt sich die gleiche Frage wie sonst auch nach den royalen Shoppingtouren: Wo sollen die bloß alle spielen?

Mit dem Aufstellungsbogen dürfte es jedenfalls nicht immer so harmonisch verlaufen wie bei der Nummernvergabe, bei der sich James die seit dem Abgang von Mesut Özil vakante Nummer zehn sicherte und Kroos die seit Kakás Fortzug freie acht. Dass beide für die erste Elf eingeplant sind, verraten außerdem ihre Gehälter von sieben beziehungsweise sechs Millionen Euro netto. Vom aktuellen Stammpersonal, amtierender Champions-League-Sieger immerhin, muss dafür wohl Ángel di María weichen, den der Verein zur Gegenfinanzierung an Paris St. Germain abgeben könnte (im Gespräch sind 60 Millionen Euro Ablöse).

Auch Sami Khedira steht auf der Liste von Spielern, die bei einer guten Offerte gehen dürfen; zumindest solange der frühere Stuttgarter seinen Vertrag nicht über den kommenden Sommer hinaus verlängert. Offen ist außerdem noch die Torwartposition. Ante portas wartet Costa Ricas WM-Heros Keylor Navas, letzte Saison bei Levante bester Keeper der spanischen Liga. Wer dafür von den bislang rotierenden Keepern weichen muss – ob Diego López, Clubikone Iker Casillas oder gar beide –, gilt noch als offen.

James ist schon immer Fan von Real Madrid

Nach der anstehenden Sommertournee durch die USA wird Real Madrid jedenfalls mit einem Kader in die Saison gehen, der nicht nur alte Galáctico-Sehnsüchte befriedigt, sondern auch so ausbalanciert wirkt wie selten zuvor. Der Trainer Carlo Ancelotti, selbst ehemals ein exquisiter Mittelfeldspieler, kann mit den beiden Neuen verstärkt an seinem Projekt arbeiten, Real von einer Kontermannschaft in ein dominant spielendes Team mit starkem Zentrum zu verwandeln. Und für die Eitelkeiten und Eifersüchteleien hat der Italiener ja seine unter den Spitzenclubtrainern wohl einmalige Humankompetenz.

Zumindest mit James sollte er da aber zunächst sowieso keine Probleme bekommen, denn der ist nicht nur neuer Superstar, sondern auch immer schon Fan seines Vereins. „Mein Traum ist jetzt REAL“, verbreitete er am Dienstag über die sozialen Netzwerke. So etwas sagen Fußballer oft, aber James kann zum Beweis unter anderem die 600 Kilometer anführen, die er vorigen April in seinem Sportwagen von Monaco nach München zurücklegte, um seiner Lieblingself in der Champions League zuzusehen. Das Spiel endete 4:0: James weiß aus eigener Anschauung, wie hoch die Messlatte bei den königlichen Fußballern liegt.