Die Bundesregierung will der Ukraine weiter zur Seite stehen. Kanzlerin Merkel spricht beim Berlin-Besuch von Premier Jazenjuk mit Hochachtung vom Reformkurs in Kiew - hat aber auch Mahnungen parat.

Berlin/Kiew - Die Ukraine hofft im Konflikt mit Russland auf noch mehr westliche Unterstützung und kann auf Hilfen Deutschlands für den wirtschaftlichen Aufbau zählen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach bei einem Treffen mit Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Mittwoch in Berlin von „beachtlichen Reformschritten“ etwa beim Kampf gegen Korruption. Dies verbessere die Möglichkeiten für ausländische Investitionen. Sie mahnte zugleich eine Umsetzung des vereinbarten Friedensplans für die Ostukraine an. Die Regierung in Kiew will über günstigere Preise für Erdgaslieferungen aus Russland verhandeln.

 

Im Konfliktgebiet sei es „sicherlich ruhiger“ geworden, sagte Merkel. Der in Minsk vereinbarte Waffenstillstand sei aber noch nicht voll hergestellt, die Transparenz beim Abzug schwerer Waffen reiche nicht. Die Kanzlerin ermunterte deutsche Firmen zu Investitionen in der Ukraine. Von einem bereits in Aussicht gestellten Kreditrahmen aus Deutschland über 500 Millionen Euro sollten 300 Millionen Euro etwa für die Infrastruktur und das Gesundheitswesen eingesetzt werden. Konkrete Projekte seien noch festzulegen. Die restlichen 200 Millionen Euro sollen laut Jazenjuk dem ukrainischen Haushalt zugutekommen.

Mehr Hilfe gewünscht

Die Regierung in Kiew wünscht sich auch mehr europäische Hilfe, um die wirtschaftlichen Folgen des Konflikts mit Russland abzupuffern. „Die Ukraine kämpft gegen die von Russland angeführten Terroristen, um Europa und die Europäische Union zu schützen“, sagte Jazenjuk der Deutschen Presse-Agentur. Er sprach sich bei einer Diskussionsrunde der Konrad-Adenauer-Stiftung auch für westliche Unterstützung zur militärischen Abschreckung aus. Dies bedeute aber nicht, dass er auf eine militärische Lösung des Konflikts setze, betonte er.

Der Ministerpräsident will baldige Wahlen in den von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebieten im Osten erreichen. „Natürlich ist es schwierig, einen Wahlkampf durchzuführen, wenn es unter vorgehaltenen Waffen passieren muss.“ Für Kiew seien die Wahlen aber wichtig, „denn Gesprächspartner für uns wird eine gewählte Autorität vor Ort sein“. Damit dies erreicht werde, sei die Durchsetzung einer „realen Waffenruhe“ wichtig. Die im Februar geschlossene Vereinbarung von Minsk sei derzeit der einzige Fahrplan für eine Deeskalation.

Jazenjuk räumte Fehler bei den Ermittlungen zu den tödlichen Schüssen auf dem Maidan-Platz in Kiew im Februar 2014 ein. „Der frühere Generalstaatsanwalt hat große Fehler bei der Aufklärung dieser Verbrechen gemacht“, sagte er in der Adenauer-Stiftung. Wichtige Zeugen hätten sich nach Russland abgesetzt. Eine Arbeitsgruppe des Europarats hatte die Ermittlungen als lückenhaft bezeichnet. Merkel sagte, es gehe um transparente Aufarbeitung. Sie zeigte Verständnis dafür, dass in den ukrainischen Institutionen noch nicht alles perfekt laufe. „Das ist ein dickes Brett, das dort zu bohren ist.“

Unterdessen stellte die Ukraine die Abnahme von Erdgas aus Russland vorläufig ein und will vor neuen Importen einen günstigeren Preis. „Wenn der Preis von 250 Dollar bestätigt wird, werden wir kaufen“, sagte Energieminister Wladimir Demtschischin laut örtlichen Medien. Im ersten Quartal zahlte Kiew 329 US-Dollar für 1000 Kubikmeter Gas. Mitte April sind Gespräche unter EU-Vermittlung in Berlin geplant.