Das Jazzforum Aidlingen beschert seinem Publikum am Samstagabend im Deufringer Schlosskeller mit der Uni-Bigband Stuttgart einen unterhaltsamen Swing-Abvend. Das Ensemble unter der Leitung von Alex Bühl unternimmt eine Reise durch die Bigband-Geschichte.

Aidlingen - Im normalen Leben forschen, lehren oder lernen sie, kümmern sich um Formeln oder verhelfen Fakten zu ihrem Recht, regelmäßig packen sie aber auch die Instrumente aus und frönen dem Jazz: Die 15 MusikerInnen, die am Samstag auf der Bühne im Deufringer Schlosskeller saßen, sind oder waren irgendwann einmal an der Uni Stuttgart beschäftigt – quer durch alle Fakultäten. Die Hochschule besitzt seit vielen Jahren eine Bigband. Dass die Wissenschaft auch ziemlich gut grooven kann, hat das Ensemble nun beim Auftritt für das Jazzforum Aidlingen bewiesen.

 

Bereits mit den ersten Takten, die durch das Gewölbe fluteten, war klar, wohin die Reise geht. Duke Ellingtons „In a mellow tone“ ist ein Klassiker der Bigband-Geschichte. Mit druckvollen Einwürfen aus den Trompeten- und Posaunensätzen, dem warmen Klang der Saxofon-Section und satten Kicks, die den Rhythmus straff untermauerten, begab sich die Uni-Truppe unter der Leitung von Alex Bühl auf die Reise durch die swingende Abteilung der großen Jazz-Orchester.

Aufgestaute Spielfreude bricht sich Bahn

Vom ersten Ton wurde deutlich, dass die Amateur-Truppe den typischen Klang der Formationen, die die Big-Band-Ära zwischen 1930er und 1970er Jahren prägten, mit Verve kultiviert. Hörbar war, dass sich nach zwei Jahren Pause die aufgestaute Spielfreude auf der Bühne machtvoll Bahn brach.

Eingespieltes Team

Der Qualität scheint die lange Arbeitspause im Swinglabor keinen Abbruch getan zu haben. Die Formation aus Studierenden, Ehemaligen, Dozentinnen und Mitarbeitern präsentierte sich als eingespieltes Team, das auch knifflige Passagen und Hochgeschwindigkeits-Tempi meisterte. Das verblüffte selbst den Bandleader: Nachdem seine Band durch eine aberwitzig schnelle Nat-King-Cole-Komposition geflogen war, sprach er ein anerkennendes Lob aus: „Das haben wir schon schlechter gespielt“.

Würdigung für verstorbenen Sammy Nestico

Ein kleiner Schwerpunkt dieses Abends war dem vor Kurzem verstorbenen Sammy Nestico gewidmet, einem der Urväter der swingenden Arrangements, der vor allem den Sound der Count-Basie-Bigband nachhaltig prägte. Dessen Notationen, die von den typischen Piano-Trio-Intros und effektvoll in Szene gesetzten Instrumentensätzen lebten, spielte die Band erstaunlich präzise. Solistisch zeigte sich vor allem die Saxofon-Fraktion bestens ausgestattet. Von dort gab es Chorusse, die sich über viele Takte der forsch nach vorne swingenden Band und den peitschenden Tutti-Passagen stellten.

Die quirligsten Melodielinien spielte jedoch an diesem Abend der einzige Berufsmusiker: Alex Bühl, Komponist, Arrangeur, Dozent und Träger des Jazzpreises des Landes, demonstrierte mit zwei Soli seine Klasse am Tenor-Saxofon eindrücklich.

Weiterer Auftritt von Alex Bühl

Das Publikum im – nach langer Pause endlich einmal wieder gut gefüllten – Schlosskeller, quittierte die solistischen Ausflüge und die Reise durch die Bigband-Geschichte mit begeistertem Szenen-Applaus und ließ die Hochschulband nicht ohne Zugabe ziehen: Auf dem Programm stand „Deedles Blues“ – ein echter Bigband-Knaller, den die US-Vokalistin Diane Schuur mit der Basie-Band aufgenommen hat. Die Uni-Bigband und ihre Sängerin Daniela Baumhauer nutzten die Gelegenheit zu demonstrieren, dass sie auch in der Lage sind, größte Herausforderungen respektabel zu meistern.

Wer Bigband-Leiter Alex Bühl als intensiven Saxofonisten erleben möchte, der hat am 27. November im Deufringer Schlosskeller dazu Gelegenheit. Dort stellt er beim nächsten Konzertabend des Jazzforums seine neue Formation vor, die sich alten Swing- und Bebop-Klassikern aus der Feder von Dizzy Gillespie, Ben Webster und anderen Jazzgrößen widmet. Karten im Vorverkauf sind unter www.jazzforumaidlingen.de erhältlich.