Die Kindertheater-Regisseurin Hannah Biedermann inszeniert am Jungen Ensemble Stuttgart ihr neues Stück „Rose ist eine Rose ist eine Rose“. Im Gespräch verrät sie, auf was es bei Inszenierungen für junge Menschen ankommt.

Digital Desk: Ann-Kathrin Schröppel (aks)

Stuttgart - Es wuselt in den Geschäftsräumen des Jungen Ensembles Stuttgart, kurz Jes, beim Tagblattturm. Von allen Seiten treten Menschen aus Türen, um kurz darauf wieder durch andere Pforten zu verschwinden. Vom Café im Stockwerk unter der Zentrale des Kinder- und Jugendtheaters dringt das Geräusch der Profi-Kaffeemaschine bis in das helle Zimmer, in dem Hannah Biedermann gerade auf einem Holzstuhl Platz genommen hat.

 

Im Kontrast zur turbulenten Umgebung ist die Regisseurin wenige Tage vor der Premiere noch ganz entspannt. „Ich bin selten nervös“, sagt die 36-jährige Kölnerin. „Nach den sieben Wochen Probe, die hinter uns liegen, weiß ich: Wir sind soweit.“

Auf der Suche nach sich selbst

Hannah Biedermann inszeniert am Jes das Kindertheaterstück „Rose ist eine Rose ist eine Rose“ nach dem 1939 erschienen Buch „Die Welt ist rund“ der Schriftstellerin Gertrude Stein. Das Werk handelt von einem kleinen Mädchen namens Rose, das sich auf der Suche nach sich selbst befindet. „Ich habe nach einer Vorlage gesucht, die sehr viel zulässt“, beschreibt die Regisseurin den Findungsprozess. „Bei meinen Inszenierungen ist mir wichtig, dass sie sich mit Thematiken befassen, die für mich selbst wichtig und relevant sind, dabei aber gleichzeitig ästhetisch herausfordern“, sagt Biedermann und erklärt, worauf es ihr ankommt: „Mit meinem Theater möchte ich Zustände und Vorgänge herstellen, die das Erleben zwischen Darstellern und Zuschauern extra betonen.“

Aktives Zuschauen

Ein wichtiges Mittel dafür ist bei ihrem neuen Stück die Gestaltung der Bühne. So sitzt bei „Rose ist eine Rose ist eine Rose“ das Publikum rund ums Geschehen: Diese sogenannte Arenabühne hat die Bühnen- und Kostümbildnerin Mascha Bischoff entworfen. Mit ihr hatte Biedermann schon bei ihrem ersten Jes-Stück „entweder und“ gearbeitet, für das die Regisseurin 2017 mit dem renommierten Theaterpreis „Der Faust“ ausgezeichnet wurde.

„Bei unserem Bühnenraum werden die Zuschauenden selbst zum Hintergrund und somit Teil der Inszenierung. Die Kinder sehen neben den Darstellerinnen und Darstellern auch Abbilder ihrer selbst auf der Bühne, nämlich andere Kinder, die ihnen gegenübersitzen. Sie können sich beim Zuschauen zuschauen.“ Das gehört für die Regisseurin zum aktiven Zuschauen.

Theater ist Theater

Auf die Frage, ob es zwischen der Arbeit für Kinder- und Jugendliche sowie Stücken für Erwachsene große Unterschiede gebe, antwortet die 36-Jährige: „Nein, Theater ist Theater. Der einzige Unterschied sind gute oder schlechte Theaterstücke“, so die Kölnerin. „Die Ernsthaftigkeit, mit der mein Team und ich uns mit dem Stoff befassen, die Proben, der ganze kreative Prozess unterscheiden sich überhaupt nicht von Werken für ein älteres Publikum.“ Nur das: Für Kinder schwer greifbare Begriffe würden ab und an ausgetauscht, resümiert Biedermann und fügt an: „Kinder haben ein Recht auf ihr eigenes Theater, ihre eigene Kunst. Das bedeutet aber nicht, dass sie als Publikum nicht ernst genommen werden sollen und ihnen deshalb nur leichte Themen zuzutrauen wären.“

Experimentelle Formate

Mit ihrer Theatergruppe „pulk fiktion“ realisiert die Regisseurin außerhalb ihrer Engagements für Stadttheater experimentelle Formate für ein junges Publikum. Die rund zehn Mitglieder fanden sich an der Universität Hildesheim, an der auch Hannah Biedermann ihr Studium der Szenischen Künste absolvierte. In Werken aus der „pulk fiktion“-Schmiede steht die Kölnerin ab und an auch als Darstellerin auf der Bühne. „So begann meine Karriere im Theaterbereich vor vielen Jahren, auf der Bühne meines damaligen Schultheaters“, verrät sie und lacht.

Aus dem Nichts etwas Neues schaffen

Schon in naher Zukunft liegt für die blonde Frau mit den wachen hellblauen Augen die nächste Verpflichtung an einer Spielstätte in Düsseldorf. „Ich bin für meine Arbeit viel unterwegs, da ist es schwer, irgendwo anzukommen“, sagt die Regisseurin. Gleichzeitig bleibe ihre Arbeit immer aufregend: „Aus dem Nichts etwas Neues zu schaffen ist mein Anreiz.“

„Rose ist eine Rose ist eine Rose“ hat an diesem Samstag, 15 Uhr, Premiere im Jes.