Ein Geheimrezept für seinen erfolgreichen Saft hat Johann Rudorfer nicht – dafür mächtig viel Arbeit.

Johann Rudorfer sitzt am oberen Rand seiner Streuobstwiese in der Wolfsschlucht. Von dort aus hat er einen prächtigen Blick ins Strohgäu und darüber hinaus. Es ist ein strahlendschöner Frühlingstag, die Apfelbäume stehen in voller Blüte. Trotzdem ist der 85-Jährige nicht so recht zufrieden. „Das Frühjahr war bisher viel zu kalt“, sagt er, die Bienen seien nicht so recht unterwegs, die brauchen mindestens zehn Grad. Und die Hummeln allein, die nicht so empfindlich sind, reichen bei weitem nicht aus, um die Blüten an den vielen Bäumen zu bestäuben.

 

Trotz großer Konkurrenz bei Prämierungen immer weit vorne

Für das Gespräch hat der Höfinger nachgezählt: 84 Obstbäume bewirtschaftet er, verteilt auf verschiedene Gärten und Grundstücke. Damit lässt sich schon mal viel Apfelsaft machen. Und nicht nur das: Johann Rudorfer gelingt es immer wieder, bei den Kreissaftprämierungen im Landkreis Böblingen trotz großer Konkurrenz vordere Plätze zu belegen.

In diesem Frühjahr wurde sein Apfelsaft von den Streuobstwiesen rund um Leonberg zum dritten Mal in Folge von den Juroren auf Platz eins gewählt. Bewertet werden dabei Punkte wie Farbe und Aussehen, Geruch, Geschmack und Harmonie. Im vergangenen Jahr war die Prämierung, bei der neben reinem Apfelsaft auch Most und Mischsäfte auf den Prüfstand kommen, pandemiebedingt ausgefallen.

Natur spielt bei der Qualität eine großes Rolle

Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs, warum schmeckt sein Apfelsaft offensichtlich vielen Menschen besonders gut? Johann Rudorfer zuckt mit den Schultern. „Da gibt es kein Geheimnis“, sagt er und lacht. „Das ist Zufall, Glückssache.“ Die Natur spiele eine große Rolle, ob es Schädlinge gebe oder man von der Witterung abhängig sei. „Und wenn ein Hagel kommt, ist alles weg“, erzählt der Fachwart für Obst und Garten aus reichhaltiger Erfahrung. Seit 34 Jahren ist er Mitglied beim Obst- und Gartenbauverein Rutesheim.

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Früher hat Johann Rudorfer seine Äpfel in die Sammelstelle nach Heimerdingen gebracht. Doch durch den Wettbewerb habe er vor etwa zehn Jahren selbst angefangen, die Früchte zu verarbeiten. Zusammen mit seiner Tochter Birgit Auzinger, die mit ihrer Familie und den Geschwistern ebenfalls begeisterte Apfelsaftproduzentin ist, erzählt er, wie sie den goldgelben Saft herstellen. Wichtig sei es, die Früchte am Baum ausreifen zu lassen und immer wieder zu probieren, wie sie schmecken.

Viele verschiedene Apfelsorten verwendet

Die Äpfel werden zuerst im Hof beim Wohnhaus der Familie gründlich gewaschen. „Wir wollen nur saubere Sachen und ja nichts Faules, das kommt weg“, betont Birgit Auzinger. Sie erklärt, dass jeder in der Familie von seinen Äpfeln seinen eigenen Saft macht. Die Unterschiede stammen von den verwendeten Apfelsorten. Gut sei es, wenn man viele alte Sorten und unterschiedliche Geschmacksrichtungen habe. Johann Rudorfer nennt einiges, was bei ihm wächst: Gewürzluike, Boskoop, Idared, Elstar, Jonagold und Melrose. „Es kommt auf die Mischung an, man braucht Süßes und Saures, das ist wirklich Glückssache“, erklärt Birgit Auzinger, deren Ehemann Hannes bei der – anonym durchgeführten – Saftprämierung den dritten Platz belegte.

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Für Manfred Nuber von der Fachberatungsstelle für Obst- und Gartenbau beim Landkreis ist das „Geheimnis“ eines gelungenen Apfelsafts die Wahl der richtigen Sorten mit einer guten Aromafülle sowie deren Mischung im richtigen Verhältnis. „Da hat Johann Rudorfer wohl ein Händchen dafür, wie viel von jeder Sorte reindarf“, meint er. Mitentscheidend sei die Qualität des Obstes. Für den Saft sollte es zwar vollreif sein, aber natürlich nicht überreif oder gar angefault.

In guten Jahren bis zu 1000 Liter produziert

Beim Familienteam Rudorfer/Auzinger werden die gereinigten Äpfel zuerst gehäckselt. Aus der Masse wird dann mit einer der Presse der Saft herausgedrückt, der in 120-Liter-Fässern landet und für einen Tag im kühlen Keller steht, damit sich Schwebteilchen absetzen. Schließlich wird er auf etwa 80 Grad erhitzt und dadurch haltbar gemacht. Am Schluss wird die goldgelbe Flüssigkeit in Fünf-Liter-Boxen abgefüllt.

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In guten Jahren hat die Familie rund um Johann Rudorfer und Tochter Birgit Auzinger schon mal 1000 Liter Saft produziert, vor zwei Jahren seien es nur 300 Liter gewesen. Verkauft wird davon nichts. „Wir trinken den selbst“, sagt Birgit Auzinger.

Rudorfer schaut bei jedem Wetter nach den Bäumen

Übrigens kommt der Trester, der nach dem Auspressen übrig bleibt, als Dünger auf die Felder, auf denen die Familie ihre rekordträchtigen Kürbisse anpflanzt, die beim Wettbewerb um die schwersten Kürbisse im Blühenden Barock in Ludwigsburg schon erfolgreich waren.

Aber zurück zu Johann Rudorfer, der sich über seinen erfolgreichen Apfelsaft freut. Ja, seine Bäume liegen ihm am Herzen. Jeden Tag sei er draußen und schaue nach, ob alles in Ordnung ist, auch im Winter, betont er. Und viele Bäume schneidet er auch noch selbst. „Auf die Leiter darf er allerdings nicht mehr steigen, da darf nichts passieren“, sagt Birgit Auzinger und schaut ihren Vater dabei liebevoll und auch etwas streng an.