In Zeiten des Gesundheitswahns hat es der „Letzte Raucher“ nicht leicht. Da kann er gar nicht anders, als ins Philosophieren zu kommen wie Johannes Hallervorden im Stuttgarter Renitenz-Theater.

Stuttgart - Dirk, dieser Spießer! Aber das gilt nicht nur für Dirk, sondern für alle Nichtraucher, vor allem, wenn sie mal Raucher waren. Erst „ganz spontan“ zum Essen einladen – als ob Dirk spontan könnte! – zu lauter anderen Nichtrauchern. Dann aussperren, versehentlich oder absichtlich, auf den Balkon, wenn du kurz eine rauchst. Dort verbringst du die Nacht in der Eiseskälte mit einer Fischbüchse als Aschenbecher, einigen Flaschen Château Margaux sowie gerade mal 28 Zigaretten. Das ist die Lage, in der sich „Der letzte Raucher“ befindet, Johannes Hallervorden, der im Stuttgarter Renitenztheater das Ein-Personenstück über den Mann mit dem Laster gibt.

 

Für diesen Typen sei er schnell entflammt, bekannte der 21-jährige Schauspieler im Berliner „Tagesspiegel“. Bei der Lektüre von Mark Kuntz’ Buch musste er, der selbst auch mal eine raucht, lachen – „kein schlechtes Zeichen für die Qualität eines Textes.“ Letzteren brachte Kai-Uwe Holsten in eine Bühnenfassung, die im September 2018 Premiere im Schlosspark Theater Berlin feierte, das Dieter Hallervorden leitet, der Vater von Johannes.

Raucherparadies Rumänien

Nun also die Stuttgart-Premiere, die besser hätte besucht sein können. Die Anwesenden indes diskutierten über Rauchen und Verbote. Darüber sinniert auch der letzte Raucher. Was soll er schon tun in einer Nacht auf dem Balkon, wenn die Zigaretten langsam ausgehen? Er philosophiert vom großen Ganzen ins kleine Feine hinein. Eingehüllt in einen absurden Weihnachtspullover, der sonst als Türvorleger dient, geht es tragikomisch durch Formen der Abhängigkeit, aber auch der Einsamkeit. Zunehmend verwandelt sich die anfängliche Gelassenheit des Marlboro-Cowboys in Wut und Verzweiflung. Szenarien gesellschaftlicher Ächtung werden durchgespielt. Wo können Raucher noch hin? Raucherlaubnis auf dem Straßenstrich? „Da könnte man zwei Randgruppen zusammenpacken und verdienen!“ – etwa mit erotischen Telefongesprächen à la: „Hörst du, wie ich die Silberfolie von der Packung entferne?“ Oder doch nach Rumänien auswandern? Dem einzigen Land in der Europäischen Union ohne Rauchverbote?

In solche Dilemmata begibt sich Johannes Hallervorden leidenschaftlich, flapsig, nachdenklich, intensiv, berührend, etwa wenn er Ed Sheerans „Photograph“ intoniert und sich auf der Gitarre begleitet. Liebe ist das Einzige, was uns spüren lässt, lebendig zu sein, singt er. Nicht die schlechteste Botschaft, um die Zuschauer in die Nacht zu entlassen.