Johannes Ludmann ist einer der Dauerbrenner bei Oberligist Stuttgarter Kickers. Im Interview spricht der Offensivverteidiger über die Aufstiegschancen, seine weiten Einwürfe und die Gründe, warum er neben dem Fußball bis zu 30 Stunden pro Woche arbeitet.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Fußball-Oberligist Stuttgarter Kickers ist erst wieder am 24. November (14 Uhr/Gazistadion) gegen den FSV 08 Bissingen in einem Pflichtspiel gefordert. Verteidiger Johannes Ludmann (27) sagt, wie die 14-tägige Spielpause genutzt wird.

 

Herr Ludmann, sind Sie froh über die Spielpause an diesem Wochenende oder wären Sie gerne im Rhythmus geblieben?

Ich sehe das differenziert. Zum einen hätte bei uns keiner etwas dagegen gehabt, wenn es nach unseren zwei erfolgreichen Spielen so weitergegangen wäre. Zum anderen tut einem eine Pause nach so vielen Spielen schon auch gut. Da lässt sich noch einmal ordentlich Kraft tanken vor dem harten Programm bis zur Winterpause. Und wir können noch ganz gezielt an bestimmten Details arbeiten.

Die da wären?

Vor allem an der letzten Konsequenz vor dem Tor können wir verbessern. Schaffen wir es früher, eine unserer Chancen zu verwerten, ergeben sich für uns mehr Räume. Dann können wir ein Spiel dominanter gestalten. Und wir können schon früher, nicht wie zuletzt bei unserem 1:0-Sieg in Spielberg, die drei Punkte schon früher einfahren.

Stichwort Spielberg. Haben Sie mit dem Trainer schon ein ernstes Wörtchen gesprochen?

Sie spielen auf meine Auswechslung zehn Minuten vor Schluss an? (lacht)

Genau. Sie haben erstmals in dieser Saison in einem Spiel nicht von der ersten bis zur letzten Minute durchgespielt.

Das stimmt. Jetzt sind es nur noch unser Torwart Roman Castellucci und unser Kapitän Tobias Feisthammel, die alle 1350 Spielminuten auf ihrem Konto haben. Ich hätte meine Statistik gerne ausgebaut, zumal ich auch im Pokal immer dabei war. Dass ich jetzt mal zehn Minuten nicht auf dem Platz war, trage ich aber wirklich mit Fassung (lacht).

Sie kamen vergangenen Sommer vom TuS Erndtebrück zurück zu den Kickers. Sind Sie davon ausgegangen, einer der Dauerbrenner im Trikot der Blauen zu werden?

Ich habe mir es erhofft. Trotzdem muss sich jeder Spieler immer erst einmal beweisen, den Respekt erarbeiten, vor allem durch Leistung. Man muss sich nicht unterordnen, aber einordnen. Das ist mir, glaube ich, ganz gut gelungen. Ich versuche, meine Erfahrung einzubringen.

Sie spielen rechts hinten in der Viererkette mit viel Drang nach vorne – wann folgt Ihr erster Torerfolg?

Ich hoffe bald und arbeite daran. Auch die Zahl meiner Assists will ich ausbauen. Bisher konnte ich zwei Tore vorbereiten.

Auffallend sind Ihre weiten Einwürfe. Sind Sie so stark, weil sie aus der Handball-Hochburg Donzdorf im Lautertal, Kreis Göppingen, stammen?

(lacht). Nein. Ich komme aus einer reinen Fußballerfamilie. Ich glaube vielmehr, dass mir mein Hohlkreuz zu Gute kommt. Ich habe den Spannungsbogen raus und mit dem entsprechenden Anlauf schmettere ich den Ball dann in die Gefahrenzone. Vor vier Jahren hatte ich eine Schulterverletzung, doch sie hat sich nicht auf meine Einwurfstärke ausgewirkt. Eine Zeitlang habe ich im Kraftraum auch etwas für meinen Trizeps getan.

Wie kam eigentlich der Kontakt zu den Kickers zustande?

Tobias Flitsch war schon mal Co-Trainer beim FC Donzdorf unter Ex-Profi Uwe Igler. Mein Schwager hat damals unter den beiden trainiert. Außerdem kannte mich auch der sportliche Leiter Martin Braun, und mit Patrick Auracher habe ich sowohl in der Kickers-A-Jugend als auch bei Wormatia Worms in der Regionalliga Südwest zusammengespielt.

Eigentlich wollen Sie doch aber vergangenen Sommer zu Rot-Weiß Oberhausen wechseln.

Ja. Meine Freundin hat eine sehr gute Stelle in Düsseldorf, deshalb wollten wir im Westen bleiben und uns dort beruflich etwas aufbauen. Dann hat sich der Wechsel zu RWO zerschlagen, und ich habe das Angebot der Kickers angenommen.

In der vergangenen Saison spielten sie bei West-Regionalligist TuS Erndtebrück unter Florian Schnorrenberg, dem aktuellen Trainer des Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach. Wie haben Sie ihn erlebt?

Ein fachlich sehr guter Mann. Er hat das Optimale aus diesem Club in einem 7000-Seelen-Ort herausgeholt. Von daher, denke ich, passt er sehr gut zur SG Sonnenhof Großaspach.

Wie sehen Sie die Ausgangsposition im Aufstiegsrennen mit den Kickers?

In der Saison 2011/12 hatten wir mit dem SSV Ulm 1846 in der Winterpause elf Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze und haben den Regionalliga-Aufstieg noch geschafft. Das war ein Kraftakt. Mit den Blauen haben wir jetzt eine viel bessere Ausgangsbasis. Doch die Oberliga ist inzwischen auch viel, viel ausgeglichener. Wir haben Druck, keine Frage, aber dem stellen wir uns gerne – schließlich wollen wir ja auch alle aufsteigen.

Sie selbst spielen nicht nur Fußball, Sie sind auch berufstätig. Was arbeiten Sie genau, und wie viele Stunden pro Woche nimmt die Tätigkeit in Anspruch?

Das Unternehmen ist in der Software-Entwicklung tätig, sitzt in Stuttgart-Fasanenhof, heißt „Code2order“, und wir erstellen digitale Gästemappen für Hotels, ohne dass man eine App herunterladen muss. Ich betreue die Kunden, bin für Finanzen und Buchhaltung zuständig. Pro Woche nimmt dies 28 bis 30 Stunden in Anspruch.

Hut ab!

Vom Fußball in der Regional- oder Oberliga wird man nicht reich (lacht). Deshalb ist mir dieses zweite Standbein auch sehr wichtig.

Das heißt von den Kickers wollen Sie nicht mehr weg?

Ich will von den Blauen nicht mehr weg. Ich fühle mich sehr wohl. Ich bin nahe bei meiner Familie, und meine Freundin kommt am 1. Februar aus Düsseldorf nach. Es passt alles.