Marsa Zayed heißt das Megaprojekt in Jordanien, das das alte Hafenviertel in Akaba am Roten Meer in ein Luxusareal verwandeln soll.

Akaba - Der weiße Sand blendet die Krieger grausam, so dass einige unter Schwindel und Kopfschmerzen leiden. 50 Wagemutige sind es, die durch den Glutofen der Nefud marschieren. Aber es werden mehr. Viel mehr. Als sie losstürmen, wie im Wahn, um die vor ihnen liegende Hafenstadt zu erobern, sind es 500. Auf Pferden, auf Kamelen. Bewaffnet mit Saifs, Säbeln, Handschars, Krummdolchen und einfachen Gewehren. Allen voran Auda abu Taji, der Schreckliche, Stammesführer der Howeitat. 75 Mann hat er bereits im Kampf erschlagen. Allen voran auch er, der Fremde, El’ Awrence, wie ihn die Araber nennen. Gewandet wie sie, mit Thawb und Kufiya, Mekka-Kleidung.

 

Auch deshalb werden ihm die Geschichtsbücher später den Beinamen „von Arabien“ verpassen. Eigentlich aber ist Lawrence britischer Offizier. Die Türken sind gewarnt. Doch mit dem Überfall können sie so nicht rechnen. Dass man es wagt, ihnen in den Rücken zu fallen! Seewärts ja, darauf sind sie vorbereitet, mit gewaltigen Geschützen. Aber ein Angriff aus der Wüste? Unvorstellbar. Akaba! Das war der Schachzug der arabischen Offensive gegen die Vorherrschaft der Osmanen im Juli 1917. Lawrence’ Idee. In seinem 1926 verfassten Welterfolg „The seven Pillars of Wisdom“ („Die sieben Säulen der Weisheit“) schreibt er: „Die Ostseite von Akaba war ungedeckt und, als Linie des geringsten Widerstandes, für uns am günstigsten. Der Marsch dorthin bedeutete eine Umgehungsbewegung sehr gewagter Art, denn es galt, eine 600 Meilen lange Wüstenstrecke zu durchqueren.“

Die einzige Verbindung zum Meer

Akaba steckt voller Geschichte, auch wenn davon heute auf den ersten Blick nicht viel zu sehen ist. Die Römer waren da, die Kreuzritter, der mythenumwobene Saladin, die Mamelucken, von deren Fort noch Überreste existieren. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts schließlich wurde die Stadt dem Osmanischen Reich einverleibt, ganze vier Jahrhunderte, bis eben die vereinten arabischen Stämme Fürst Faisals I. unter dem Kommando von T. E. Lawrence dem Treiben der Türken ein Ende bereiteten. Und Akaba ist noch immer ein strategischer Ort. Es ist die einzige Verbindung des Königreichs Jordanien zum Meer. Spektakulär sind die Bewegungen der Schiffe, die täglich den Golf von Akaba passieren, in Reichweite der Strände vor Anker gehen und warten, bis sie an die Reihe kommen, um im Hafen ihr Frachtgut zu löschen. Kino pur. Dazu das Panorama im Vierländereck. Potenzierter Orient.

Links die roten Berge Jordaniens. Dahinter, nicht sichtbar, Saudi-Arabien. In naher Ferne Ägypten, die Gipfel des Sinai. Rechts in der weiten Bucht Eilat, Israels Pendant zu Akaba, wenn man so will, nur lange nicht so interessant, genau genommen eine öde Anhäufung von Betonbauten. Außerdem teuer. Akaba hat Charme, auch wenn der Seehafen mit seinen 80 000 Einwohnern einen malerischen Altstadtkern vermissen lässt und überhaupt mächtig in die Zukunft investiert. „Marsa Zayed“ heißt das Megaprojekt, das in der ersten Bauphase steckt und in den nächsten Jahrzehnten das alte Hafenviertel in ein Luxusareal verwandeln wird. Mit Premium-Villen, Hotels, Hochhäusern, Boutiquen, Kreuzfahrt-Terminals, weitläufigen Uferpromenaden und sonstigem Chichi. Ein bisschen Dubai, nur nicht so gigantoman. Akaba ist ein optimaler Ausgangspunkt für Erkundungen unterschiedlichster Art.

20 Euro nehmen die Jordanier bei der Einreise

Israel ist nur zehn Taximinuten entfernt. Der Grenzübertritt kostet kaum Mühe noch Zeit, aber viel Geld: Umgerechnet 20 Euro nehmen die Jordanier bei der Einreise nach Israel, Israel bei der Einreise nach Jordanien ein Mehrfaches, 50 Euro. Die merkwürdige Preispolitik setzt sich in Petra, Hauptattraktion Jordaniens und anderthalb Autostunden von Akaba entfernt, fort. Petra, die in den Fels gemeißelte Nabatäerhauptstadt. Totenstadt. Entdeckt von Jean Louis Burckhardt, (1817 in Kairo gestorben), der auch Abu Simbel entdeckte. Weltkulturerbe. Voller Rätsel. „Herrlichster Ort der Welt“, nannte sie Lawrence. Eine Sensation nicht nur das sogenannte Schatzhaus. 50 Euro beträgt das Eintrittsgeld für Jordanien-Urlauber, 90 Euro für den Tagestouristen aus Israel. Wüstenliebhaber zieht es ins Wadi Rum. Lawrence war da und sammelte hier die Streitkräfte für den Ansturm auf Akaba.

Der Nationalpark ist ein Schauspiel in Rot: Prächtige Felsformationen changieren mit weiten Sandflächen. Das bekannteste Felsmassiv trägt den Namen von Lawrence’ Buch: Seven Pillars of Wisdom. Abenteurer können mit Jeep oder auf Kamelen diese weite Landschaft erkunden. Übernachten kann man in preisgünstigen Zeltdörfern. Die Araber haben T. E. Lawrence kein Denkmal gesetzt. Auch nicht in Akaba. Nachvollziehbar. Lawrence trug zwei Wahrheiten im Herzen: Als Freund der Araber förderte er ihre Revolte, verschwieg aber ein wichtiges Detail: dass die eroberten Länder allein an die Engländer und Franzosen fallen würden. Geplagt von Schuldgefühlen zog er sich nach England zurück. Seine Geschichten indes bilden bei den Fremdenführern zwischen Wadi Rum und Akaba immer noch ausgiebigen Erzähl- und Zündstoff. Sie leben fort. Und die seltene Erstausgabe seiner „Sieben Säulen“ gehört heute, trotz überbordender Metaphorik, zu den teuersten Büchern der Welt.

Infos zu Jordanien

Anreise
Mit Royal Jordanian von München nach Akaba, bei frühzeitiger Buchung Hin- und Rückflug ab 550 Euro, www.rj.com . Von Stuttgart mit Lufthansa nach Amman ab 529 Euro, www.lufthansa.com .

Unterkunft
Luxuriös: Hotel Kempinski. DZ, ÜF ab 158 Euro. Geräumige Zimmer inkl. Minibar und Internet, www.kempinski.com .

Auch schön: Hotel Intercontinental, DZ, ÜF ab 140 Euro, www.intercontinental.com .

Bedingt empfehlenswert, weil mitten in der rumorigen Stadt: Double Tree by Hilton. DZ, ÜF ab 110 Euro, www.hilton.de .

Ausflüge/Sehenswürdigkeiten
Um ins Wadi Rum und zur Felsenstadt Petra zu kommen, empfiehlt es sich, ein Taxi zu nehmen. Preis muss ausgehandelt werden. Je nach Komfort des Fahrzeugs zahlt man für die Tagestour 70 bis 90 Euro. Fremdenverkehrsamt Jordanien, http://de.visitjordan.com .

Was Sie tun und lassen sollten
Falls Sie ein Freund traditioneller Wasserpfeifen sind, sollten Sie auf jeden Fall in Akaba die Möglichkeit nutzen, in einem der zahlreichen Cafés bei einer Shisha zu entspannen.

Ebenfalls in Reichweite von Akaba - das als Schnorchler- und Taucherparadies gilt - liegt das Tote Meer, der tiefste offen zugängliche Punkt der Erde. Dessen extrem salz- und mineralienhaltiges Wasser wirkt sich bei Hautkrankheiten positiv aus. Wer über Amman einreist, sollte hier ein, zwei Tage verweilen.

Auf keinen Fall dürfen Augen oder Mund mit dem Wasser des Toten Meeres in Berührung kommen - das brennt unangenehm! Wer in die Wüste will, sollte nicht gerade den Sommer für seine Reise wählen. Tagestemperaturen ab 39 Grad Celsius aufwärts gilt es sonst auszuhalten.