Das modellhafte Projekt auf dem Areal des alten Güterbahnhofes in Esslingen hat schon viele Millionen Euro Fördergelder vom Bund zugesprochen bekommen – und nun auch noch einen ehrenhaften Innovationspreis für Nachhaltigkeit. Darüber freut man sich auch in Stuttgart.

Die Pioniere der Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff und von Klimaquartieren in der Region Stuttgart sind für ihr Engagement mit einem Preis belohnt worden: Das in Stuttgart entwickelte Projekt Klimaquartier Neue Weststadt Esslingen hat es in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ausgelobten Innovationspreis Reallabore nach ganz vorne geschafft. Es kam auf den ersten Platz in der Sonderkategorie Nachhaltigkeit und ist deshalb vor wenigen Tagen in Berlin ausgezeichnet worden.

 

Eine Expertenjury hatte neun Siegerprojekte in anderen Kategorien aus insgesamt 101 Wettbewerbsbeiträgen ausgewählt. Das zehnte Siegerprojekt, eben in der Sonderkategorie Nachhaltigkeit, wurde durch rund 300 Teilnehmer der Preisverleihung live aus drei Kandidaten ausgewählt. 44 Prozent der Stimmen entfielen auf das Esslinger Projekt, das mit hohen Millionenbeträgen vom Bund gefördert wird.

Das Quartier versteht sich als Leuchtturmprojekt

Über den Preis freuen sich die Beteiligten nicht nur in Esslingen, sondern auch in Stuttgart. Diese Auszeichnung der höchsten Kategorie „macht uns verdammt glücklich“, sagt Professor Manfred Norbert Fisch vom Steinbeis-Innovationszentrum (SIZ) energieplus, der mit einem SIZ-Team die wissenschaftliche Entwicklung des Projekts übernommen hatte. Die Ingenieurgesellschaft EGSplan war für die Planung verantwortlich.

Das klimaneutrale Stadtquartier versteht sich als „Leuchtturmprojekt“ für energieeffizientes und solares Bauen. Auf dem Areal des alten Güterbahnhofs wächst ein Forschungsviertel mit 450 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen und einem Neubau der Hochschule Esslingen. Das Konzept: Der Städtebau bedient sich hier auch der Nutzung von Wasserstoff als Schlüsseltechnologie, um den jährlichen Kohlendioxidausstoß für Wohnen und Mobilität unter eine Tonne pro Bewohner zu senken. Mit Photovoltaik wird Strom produziert, mit überschüssigem Ökostrom wiederum grüner Wasserstoff. Bei diesem Elektrolyse-Vorgang entsteht Abwärme, die zum Heizen genutzt werden soll. Für das Wärmen der Räume werde keineswegs grüner Wasserstoff verbrannt, betont Manfred Norbert Fisch.

Wasserstoff spielt entscheidende Rolle

Der grüne Wasserstoff spielt im Esslinger Modell-Quartier eine Schlüsselrolle, um die Ablösung von fossilen Energieträgern vorzubereiten und schneller zur Energiewende und zur Klimaneutralität zu kommen. Er soll auch anderswo bereitgestellt werden, denn der Plan sieht vor, dieses Quartier mit der Wasserstoffpipeline zu verbinden, die bis Ende 2024 in einem ersten Schritt im Neckartal in Esslingen und Stuttgart beim sogenannten GeNeSiS-Projekt entstehen soll.

Das ist ein Modellvorhaben, mit dem die Erzeugung, die Verteilung und die Nutzung von grünem Wasserstoff flächenhaft vorexerziert werden sollen. Koordiniert wird es von der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart, was nicht ausnahmslos allen Mitgliedern der Regionalversammlung gefällt: Christoph Ozasek, Fraktionschef von Die Linke/Piraten, befürchtet, dass die EnBW grünen Wasserstoff aus der Pipeline in absehbarer Zeit vielleicht auch in ihren Kraftwerken entlang des Neckars in Stuttgart und Esslingen einsetzen möchte, um Fernwärme zu produzieren. Dafür sei der grüne Wasserstoff aber zu wertvoll.