Rund 2000 Menschen kaufen täglich in den vier Läden der Schwäbischen Tafel in Stuttgart ein. Dort werden Waren, die woanders übrig geblieben, aber noch haltbar sind, für Menschen mit geringem Einkommen angeboten.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Es riecht nach Käse im Leo-Tafelladen an der Hauptstätter Straße. „Das kommt von einer Großspende, die wir bekommen haben“, erklärt Ingrid Poppe, die Projektleiterin für die vier Geschäfte der Schwäbischen Tafel. Auch mehrere Kisten abgepackte, bunte Bio-Cocktailtomaten eines großen Discounters stehen im Regal. Sie müssen schnell verkauft werden und sind deshalb sind im Leoladen gelandet. Die Lieferwege in die Filialen des Discounters würden sie nur unter großem Qualitätsverlust überstehen. Deshalb wurden sie am Morgen in einen Tafelladen-Transporter gepackt und warten für 30 Cent pro Packung auf ihre Abnehmer.

 

Am 4. Juli stellt die Schwäbische Tafel die Qualität ihres Warenangebots den etwa 300 geladenen Jubiläumsgästen vor der Leonhardskirche direkt unter Beweis. Dort werden zwischen 12 und 16 Uhr unter freiem Himmel ein vegetarischer Gemüseauflauf sowie Kaffee und Kuchen gereicht. Gefeiert wird mit den Spendern, Förderern, Helfern und der Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer die Gründung des Vereins vor 20 Jahren. Gegründet wurde die Tafel auf Initiative des 2011 verstorbenen damaligen Diakoniepfarrers Martin Fritz. Begonnen hatte der Verein am Vogelsangdepot mit zwei Regalen. „Aus den damals 60 Quadratmetern sind heute beim Leoladen 300 Quadratmeter geworden“, rechnet der Vorstandsvorsitzende Edgar Heimerdinger vor.

21 Tafeltransporter sind in der Region unterwegs

„Bei uns herrscht täglich Schlussverkaufsstimmung“, charakterisiert Ingrid Poppe die Atmosphäre in den früheren Geschäftsräumen von Lidl. Wer zuerst kommt, hat die bessere Auswahl im Tafelladen. Das Sortiment wechselt täglich – je nachdem, was der Handel und die Lebensmittel produzierende Industrie spenden. Aber auch im Tafelladen wird nichts nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verkauft. Täglich zwischen 7 Uhr und 12 Uhr sind die 21 Fahrzeuge des Vereins unterwegs, um beim Einzelhandel, den Discountern und Supermärkten sowie an den Tankstellenshops Waren einzusammeln. Manche Tour der Kühltransporter geht bis nach Memmingen oder Heilbronn, um dort beispielsweise bei einer Molkerei einen Sonderposten Joghurt abzuholen. Etwa 35 Tonnen Waren – vorwiegend Obst, Gemüse, Molkereiprodukte und Backwaren – wandern so täglich in die Tafelläden, dazu kommen noch Getränkelieferungen. Das hilft nicht nur bedürftigen Menschen, sondern verhindert auch die Vernichtung von Lebensmitteln.

Rund 2000 Menschen täglich nutzen das Angebot

Rund 65 000 Menschen in Stuttgart sind Besitzer einer Bonuscard, die zum Einkauf berechtigt. Außerdem können Rentner, Studenten und Empfänger von Grundsicherung eine Einkaufskarte erhalten. „Wenn alle mit einer Berechtigung bei uns zum Einkaufen kämen, würden wir das gar nicht schaffen“, sagt Heimerdinger. Täglich besuchen etwa 2000 Kunden die vier Tafelläden in der Hauptstätter Straße, in Möhringen, in Bad Cannstatt und in Fellbach. Viele Alleinerziehende sind darunter, selten Studenten oder Rentner. „Den alten Menschen ist das zu viel Trubel und viele von ihnen wollen keine Vergünstigungen in Anspruch nehmen“, weiß Ingrid Poppe.

Der Verein trägt sich seit 20 Jahren durch den Verkauf der Waren selbst. Bei der Anschaffung von Fahrzeugen ist die Tafel auf Spenden angewiesen. Auch „Hilfe für den Nachbarn“ hat mit einer Projektspende einen Kühltransporter finanziert. Die 350 Mitarbeiter der Tafel gehören alle zum Kreis der Einkaufsberechtigten. Viele sind Ein-Euro-Jobber, und viele von ihnen arbeiten nach Ablauf der Fördermaßnahme ehrenamtlich weiter.