Seit 25 Jahren zeigt das ZDF die Krimireihe „Ein starkes Team“. Zum Jubiläum hat Roland Suso Richter eine vor allem optisch bemerkenswerte achtzigste Folge gedreht.

Stuttgart - Das ZDF feiert etwas: „25 Jahre und 80 Folgen – und erfolgreich wie nie zuvor“. Gemeint ist das Jubiläum seines Krimiklassikers „Ein starkes Team“, und nur Spielverderber würden anmerken, dass der Auftakt bereits im Frühjahr 1994 ausgestrahlt worden ist. Der Sender begründet die Verspätung damit, dass die Entscheidung, aus dem Pilotfilm eine Reihe zu machen, erst 1995 gefallen sei. Die erwies sich als richtig: Während andere etablierte Programmmarken aufgrund des immer größeren Angebots an bewegten Bildern kontinuierlich Zuschauer einbüßen, sind die Zahlen der ZDF-Samstagskrimis sogar gestiegen. In den letzten Jahren hatte „Ein starkes Team“ im Schnitt gut sieben Millionen Zuschauer, einige Folgen gar über acht Millionen; das ist „Tatort“-Niveau.

 

Gemischte Gefühle

Natürlich freut sich auch Hauptdarsteller Florian Martens über diese Zahlen, aber er betrachtet sie mit gemischten Gefühlen. Früher fand der Ur-Berliner die Filme der Reihe „wesentlich lebendiger. In letzter Zeit gibt es zu viele Szenen mit vier braven Beamten in ihrer Dienststube, die sich gegenseitig über den Stand der Ermittlungen informieren.“ Seit dem Tod von Maja Maranow 2016 ist Martens das letzte Ensemblemitglied aus den Anfangsjahren. Maranows Nachfolgerin Stefanie Stappenbeck hat allerdings als Linett Wachow frischen Wind in die Reihe gebracht.

Zum Jubiläum haben das ZDF und die Produktionsfirma UFA Fiction mit Roland Suso Richter einen Regisseur engagiert, der dank großer Werke wie „Der Tunnel“, „Dresden“ oder „Mogadischu“ für besondere Qualität steht. Die hat er auch mit seiner ersten Arbeit für „Ein starkes Team“ bewiesen: „Nathalie“ (2016) war ein klasse Krimi, mit dem die Reihe gezeigt hat, dass sie selbst nach langer Laufzeit noch für Überraschungen gut ist. Das Drehbuch stammte von Jürgen Pomorin alias Leo P. Ard.

Ärger mit dem Chef

Dieses Duo arbeitet nun bei „Abgetaucht“ erneut zusammen, und auch inhaltlich gibt es Parallelen: Damals hat der mittlerweile ausgeschiedene Kommissar Kolberg zufällig eine Jugendliebe bei einem tödlichen Raubüberfall beobachtet, und weil die alten Gefühle neu erwachten, war er prompt hin- und hergerissen.

Diesmal steckt Wachow im Dilemma: Eines Tages steht ein alter Schulfreund vor der Tür und bittet um Hilfe. Stefan Kopp (Fabian Busch) gilt als Hauptverdächtiger in einem Mordfall. Die Kommissarin mag das nicht glauben und bekommt prompt Ärger mit ihrem Chef (Arnfried Lerche), weil sie nicht mit dem nötigen Nachdruck nach dem mutmaßlichen Mörder fahnden lässt.

Ein Anwalt wird zum Opfer

Die Konstellation ist allerdings weder so brisant noch so emotional wie bei „Nathalie“; es hatte damals durchaus seinen Grund, dass die Folge nach Kolbergs Liebe benannt worden ist. Wachow hingegen hegt für den früheren „Blutsbruder“ vor allem Dankbarkeit, Liebe ist nicht im Spiel; „Stefan“ wäre als Titel ohnehin nur bedingt sexy. Ein großes Problem aber hat Kopp: Er hat sich mit der Mafia angelegt. Das klingt, als hätten Richter und Pomorin für die Jubiläumsepisode am großen Rad gedreht. Aber die organisierte Kriminalität mischt erst später mit und bleibt ein Randaspekt. Im Vordergrund steht die Gentrifizierung: Das Mordopfer, ein Anwalt, arbeitete für einen Immobilienkonzern, der in großem Stil Häuser kauft und die alten Mieter auf die Straße setzt.

Es ist nachvollziehbar, dass Pomorin und Richter nicht schon wieder eine Liebesgeschichte erzählen wollten. Dadurch fehlt dem Film jedoch jenes gewisse Etwas, das „Nathalie“ herausragen ließ. Zweifelsfrei jubiläumswürdig ist allerdings die Bildgestaltung durch Andrés Marder. Richter gehört ohnehin zu den bildstärksten Regisseuren im deutschen Fernsehen. In den letzten Jahren hat die Reihe einen eher kühlen Stil mit vielen Blautönen gepflegt. Marder sorgt dagegen gerade in den Kommissariatsszenen für ein warmes Licht. Den unvermeidlichen Reviergesprächen ist anzusehen, dass Richter zumindest optisch die gewohnte Routine vermeiden wollte.

Ausstrahlung: 4. Januar 2020, 20.15 Uhr