Ralf Nerling wird am Mittwoch 80 Jahre alt. Vom Ruhestand ist der Jubilar aber weit entfernt.

Leonberg - „Alles hat seine gute Seite. Finde sie“, sagt Ralf Nerling, „das ist eine Maxime, die ich mir zu eigen gemacht habe.“ Und mit dieser positiven Einstellung hat der gelernte Maschinenschlosser eines der weltweit erfolgreichsten Unternehmen im Bereich Systemraumtechnik aufgebaut. Am Mittwoch wird er 80 Jahre alt.

 

Geboren und aufgewachsen ist der Jubilar in Hamburg. Nach der 11. Klasse im Gymnasium beschloss er, die Schule sei nichts mehr für ihn. Das Handwerkliche lag ihm mehr. „Mein Mann ist mit dem Hammer in der einen und der Zange in der anderen Hand geboren worden“, erzählt Ehefrau Silke und lacht, „das ist auch mir oft zugutegekommen.“

An Zufälle glaubt er nicht

Ralf Nerling begann eine Lehre zum Maschinenschlosser in einem Unternehmen für Traktorenbau. Dort wurde ihm schon im ersten Lehrjahr die Verantwortung für die Werkzeuge übertragen, eine Auszeichnung für den jungen Metallarbeiter. Als der Lehrherr Insolvenz anmelden musste, war schon ein anderes Unternehmen auf den begabten Techniker aufmerksam geworden, und dieser konnte nahtlos wechseln. „Das war einer der glücklichen Zufälle in meinem Leben, die mich immer vorangebracht haben“, erzählt er, „wobei – ich glaube nicht an Zufälle. Ich glaube an Gelegenheiten, die man erkennen und ergreifen muss.“

Zielstrebig begann der Senior nach Lehre und Bundeswehr sein Ingenieurstudium mit Fachrichtung Maschinenbau, das er 1965 abschloss. Zu der Zeit ist er schon verheiratet gewesen, Silke Nerling erinnert sich: „Wir haben uns in der Tanzschule kennengelernt, da war ich knapp 16 Jahre alt. Seitdem sind wir zusammen.“

Nach dem Studium zog die Familie in den Stuttgarter Raum. In Feuerbach trat der frischgebackene Jungingenieur eine Stelle bei der Firma Bosch an, wo auch Silke Nerling bis zur Geburt der beiden Söhne Thorsten, 1966, und Olaf, 1969, als Bauzeichnerin beschäftigt war.

Auf der Suche nach Lösungen

1970 wagte Ralf Nerling zusammen mit einem Kollegen den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete ein Ingenieurbüro für Rationalisierungsaufgaben. „Mit meinem Geschäftspartner und seiner Frau haben wir in Ruit wie in einer Großfamilie gelebt“, beide erinnern sich gerne an diese Zeit, „und 1974 sind wir dann gemeinsam nach Warmbronn gezogen.“ In zwei Reihenhäusern waren die Familien und das Büro mit den Mitarbeitern untergebracht. „Wir haben schon damals nicht Aufgaben abgearbeitet, sondern Lösungen gesucht“, betont der Senior seine unternehmerische Linie, der die „Engpasskonzentrierte Strategie“ (EKS) nach Wolfgang Mewes zugrunde liegt. „Im Wesentlichen heißt das: nicht verzetteln, Lösungen finden, Nischen auftun und in der Spitze gut sein“, erklärt er.

1980 gingen die Geschäftspartner getrennt voneinander neue Wege, und Ralf Nerling trieb die Entwicklung im Bereich der Systemraumtechnik voran. In Renningen baute er eine eigene Produktion auf, und 1986 bezog die Firma „Nerling Systemräume GmbH“ ihre eigene Produktionshalle in der Renninger Benzstraße, wo bis heute der Firmensitz ist.

“Ohne meine Frau wäre nichts gelaufen“

Mit Mitte 50 ereilte den rührigen Unternehmer die Diagnose Diabetes. Die Familie hat sich darauf eingestellt: „Ich habe damals in der Kurküche den Köchen über die Schulter geschaut, um zu lernen, worauf es ankommt“, sagt Silke Nerling und ergänzt lachend: „Ich habe sie bestimmt genervt.“ Ihr Mann schaut sie liebevoll an: „Ohne sie hätte ich das alles nicht geschafft“, sagt er und meint damit nicht nur die Krankheit. „Ohne sie wäre nichts gelaufen.“

Viel Zeit für das Privatleben und die Kinder blieb dem Unternehmer nicht. „Aber wenn es drauf ankam, war ich da“, betont er. „Und es kann nicht so verkehrt gewesen sein“, meint er nach kurzem Nachdenken mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht, denn schließlich ist der jüngere Sohn Olaf in seine Fußstapfen getreten und hat 2005 die alleinige Geschäftsführung des Renninger Werks übernommen. Der ältere Sohn Thorsten hat sich der Kunst verschrieben, er lehrt an der Kunstakademie in Stuttgart und übernimmt daneben Marketingaufgaben für die Firma Nerling. Auf ihre Kinder sind beide stolz, und mit ihren drei Enkelkindern verbringen die Großeltern so viel Zeit wie möglich.

Immer noch aktiv

Auch mit 80 Jahren ist Ralf Nerling weit vom Ruhestand entfernt. Er ist nach wie vor in mehreren Netzwerken aktiv, zum Beispiel in dem von ihm initiierten Cleaning Excellence Center (CEC) in Leonberg, im Leonberger Businessnetwork (LBN) oder im Landesnetzwerk Mechatronik-BW (LMBW). Daneben steht er Sohn Olaf mit Rat und Tat zur Seite und ist in der Geschäftsführung des von ihm gegründeten Pulverbeschichtungswerks in Halle/Saale tätig.

Seinen Geburtstag feiert der Jubilar im engsten Familienkreis. Das große Fest kommt nächstes Jahr: Da wird das Renninger Unternehmen „Nerling Systemräume GmbH“ 50 Jahre alt.