Am Sonntag feiert der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger seinen 65. Geburtstag. Seit 22 Jahren führt der gebürtige Aachener die Stadt durch Boom- wie auch Krisenzeiten. Besonders die Kultur liegt ihm am Herzen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - So etwas nennt man wohl ein bewegtes Leben. Wenn der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger am Sonntag seinen 65. Geburtstag feiert, kann er auf mehr als zwei Jahrzehnte als Ratschef in jener Stadt zurückblicken, die er so gerne als „schönstes Open-Air-Kaufhaus der Region“ verkauft.

 

Geboren in Aachen, aufgewachsen in einem kleinen Dorf und auf dem zweiten Bildungsweg zum Abitur gekommen, hat die Kämpfernatur Zieger alle weiteren Hürden auf dem Weg nach oben genommen. Er hat Architektur sowie Stadt- und Regionalplanung studiert, als Stadtplaner in Singen, als Stadtbaumeister in Oberkochen und als Baubürgermeister in Neckarsulm gearbeitet – und ist 1998 schließlich von den Esslinger Bürgerinnen und Bürgern als Nachfolger von Ulrich Bauer zum Oberbürgermeister gewählt geworden.

Zieger hat die Stadt geprägt

Natürlich haben die vergangenen 22 Jahre ihn geprägt – und Spuren hinterlassen. Manch graues Haar ist seither dazugekommen. Viel mehr noch aber hat Zieger die Stadt Esslingen geprägt – mit wegweisenden Ideen zur Verlagerung der Hochschule, der Bebauung der Neuen Weststadt, dem Neubau des Kultur- und Kongresszentrums Neckar Forum, um nur einige ganz wenige zu nennen.

Jürgen Zieger ist gewiss kein einfacher Stadtchef. Und wer viel macht, macht natürlich auch Fehler. Er ist ehrgeizig, will auch heute noch viel erreichen, und Geduld ist nicht gerade seine Stärke – auch wenn es ihm in den vergangenen Jahren besser als früher gelungen ist, im Gemeinderat seinen Missmut über aus seiner Sicht sinnlose und überflüssige Diskussionen zu verbergen.

Er tritt für seine Überzeugungen ein

Aber was man ihm in jedem Fall bescheinigen kann, ist, dass er stets mit vollem Einsatz und mit allen rhetorischen Fähigkeiten – über die er ohne Zweifel in erheblichem Umfang verfügt – für seine Überzeugungen eingetreten ist. Das gilt auch bei Entscheidungen, bei denen er wusste, dass sie unpopulär sind.

Den von seinem SPD-Parteifreund Wolfgang Drexler initiierten Bürgerentscheid zum Standort der Stadtbücherei hat er abgelehnt, weil er die Zukunft der Bücherei in einem Neubau sah. Er hatte aber die Größe, nach der empfindlichen Niederlage das Ergebnis zu akzeptieren: Nun ist Zieger ein wichtiger Mitstreiter, der alles daran setzt, dass die Sanierung und Erweiterung der wichtigen Kultureinrichtung am bisherigen Standort gelingt.

Die Kultur liegt ihm am Herzen

Überhaupt die Kultur: die liegt Jürgen Zieger besonders am Herzen. Nicht nur qua Amt als Vorsitzender der Württembergischen Landesbühne – der er mit der Verpflichtung des Intendanten Friedrich Schirmer zu einem neuen künstlerischen Höhenflug verholfen hat – auch als Privatperson hat sich Zieger immer wieder für die Kultur und deren gesellschaftliche Bedeutung stark gemacht. Schon 1997, bei seiner ersten Bewerbung als Oberbürgermeister, hat er erklärt, dass „ohne Kultur jedes Leben stirbt“. Heute sagt er, dass Kultur mehr denn je Kitt und Hefe unserer Gesellschaft ist. Man kann nur ahnen, wie es in ihm aussieht, wenn er mitbekommt, dass es im Gemeinderat Überlegungen gibt, den Theodor-Haecker-Preis abzuschaffen und das dafür vorgesehene Geld zu nutzen, um Radwege zu teeren . . .

65 Jahre – in diesem Alter sind früher einmal die Menschen in den Ruhestand getreten. Doch das ist lange vorbei. Und Jürgen Zieger als Rentner? Das kann man sich in der Tat nur sehr schwer vorstellen. Immerhin: die Marathon-Karriere hat Zieger vor fünf Jahren beendet. Er läuft zwar noch, steigt aber immer wieder aufs Rad – um damit die Alpen zu überqueren. Hindernisse, das lernt man, sind für ihn immer noch eine Herausforderung.