Nach fünf Jahren hat sich das Jugendhaus Helene P. etabliert – eine Bilanz mit dem Leiter Terje Lange.

Degerloch - Verräterhaus. So ist es lange genannt worden, das Jugendhaus an der Oberen Weinsteige 9. Terje Lange begegnet dieser Begriff heute immer noch, „auch wenn die Konflikte mit der alten Klientel inzwischen weniger geworden sind“, wie der Leiter der Einrichtung sagt.

 

Im Jahr 2007 hat das Jugendhaus in der jetzigen Form seinen Betrieb aufgenommen, mit der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft als Träger. Dem vorausgegangen waren damals Auseinandersetzungen mit einem selbst verwalteten Jugendhausverein, eine Zwangsräumung des zeitweise besetzten Gebäudes und schließlich der Umbau des Hauses mit Hilfe der Helene-Pfleiderer-Stiftung. Die gab drei Millionen Euro und dem neuen Jugendhaus auch gleich seinen Namen, nämlich Helene P.

Die Bilanz nach fünf Jahren im neuen Jugendhaus fällt für Lange positiv aus. „Die Generation, die früher hier engagiert war, kommt zwar heute nicht mehr hierher“, sagt Lange. Dafür aber hat sich das Jugendhaus mit seinen heutigen Besuchern aus der Sicht des Pädagogen so entwickelt, dass er resümiert: „Ich bin zufrieden – obwohl wir viel dafür ackern mussten. “

„Die festen Gruppen und großen Projekte haben alle gefruchtet“

Die Besucherzahlen liegen laut Lange auf einem konstant hohen Niveau: Im Schnitt kommen 200 bis 300 Jugendliche pro Woche ins Haus. Was sich über die Jahre geändert hat, ist die Verteilung. „Die festen Gruppen und großen Projekte haben alle gefruchtet“, sagt Lange. Dazu gehören nach den Worten des Hausleiters zum Beispiel die Zirkusgruppen, die das Jugendhaus in Zusammenarbeit mit dem Friedrichsbau Varieté anbietet, aber auch die Technikwerkstatt, in der Jugendliche etwa lernen, mit einem Laser zu arbeiten. Jene Angebote seien so begehrt, dass die Besucher dafür eigens aus entfernt liegenden Stadtbezirken anreisen, berichtet Lange.

„Der offene Bereich hingegen hat sich anders entwickelt als erwartet“, sagt der Jugendhaus-Leiter. Obwohl er auf die offenen Angebote nicht verzichten will, „weil sie zu unserer lokalen Verankerung im Stadtbezirk gehören“, habe sich dennoch einiges geändert: „Wir müssen viel passgenauer auf die Jugendlichen zugehen, immer wieder abfragen, was sie interessiert.“ Nur im Haus herumzuhängen und zu schwätzen, reiche den meisten Besuchern nicht mehr. Die Ansprüche seien größer geworden, auch die Mobilität und die Bereitschaft, woanders hinzugehen, wenn es vor Ort keine attraktiven Angebote gebe. „Mit professionellen Veranstaltern können wir nicht mithalten. Deshalb spezialisieren wir uns“, sagt Lange.

Diese Konzentration der einzelnen Jugendhäuser auf bestimmte Schwerpunkte sei nicht als Konkurrenz untereinander zu verstehen, sondern vielmehr sogar im Sinne der Jugendhausgesellschaft. „Wenn jemand mit seiner Band auftreten will, geht er ins Jugendhaus Mitte. Will er beim Zirkusprojekt mitmachen, kommt er zu uns. Anders wäre das gar nicht zu leisten“, erklärt Lange. Wichtig sei immer, „dass wir das unterstützen, was von den Jugendlichen selbst eingebracht wird“.

Ganztags- und Gesamtschulen sind die große Herausforderung

Diese Maxime freilich hat das Helene P. schon an seine Grenzen gebracht. Zum Beispiel bei einer Open-Air-Party mit Elektromusik, die Jugendliche im Sommer organisiert hatten. Obwohl das Jugendhaus im Vorfeld keine Werbung für die Veranstaltung gemacht hatte und klare Regeln für die Lautstärke und das frühzeitige Ende der Party ausgegeben hatte, „standen plötzlich 500 Besucher da und hinterließen Unmengen von Müll“, erzählt Lange. Da habe sich gezeigt, wie gut die Jugendlichen heute via Facebook miteinander vernetzt seien. Bei einer zweiten Party, die wenige Wochen später stattgefunden habe, „waren wir dann viel besser vorbereitet“, sagt Lange.

Auch in Zukunft werden die Aufgaben des Teams im Jugendhaus nicht weniger werden, glaubt Lange. Außer den etablierten Gruppen und der offenen Jugendarbeit sieht der Hausleiter vor allem die Entwicklung hin zu Ganztags -und Gesamtschulen als große Herausforderung, an der auch die Jugendhäuser beteiligt werden. Schon jetzt hat das Helene P. eine Kooperation mit der Albschule, und es übernimmt die Schulsozialarbeit an der Fritz-Leonhardt-Realschule. „Weitere Themen sind für uns zum Beispiel Nachhaltigkeit, Fair Trade oder die Teilhabe von Jugendlichen, etwa im Jugendrat“, sagt Lange. Nicht zu vergessen, die Erziehungsarbeit, die – so berichtet Lange – viele Eltern zunehmend an die Pädagogen delegieren. Sein Fazit deshalb: „Im Grunde genommen müssen wir alles können – immer wieder.“