Menschen mit und ohne Behinderung feierten im und ums Jugendhaus Mitte ein Fest mit Spielen, Kultur, Musik und alle hatten ihren Spaß.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Das Jugendhausteam ist im Glück: „So viele Leute hatten wir noch nie auf dem Platz“, schwärmt Timo Steiss. Das Wetter schickte einen Tag lang Sommer, die Besucher hatten gute Laune und es gab keinerlei Zwischenfälle beim All Inclusion-Festival im Jugendhaus Mitte am 10. Juli. Über 1000 Besucher waren schätzungsweise gekommen.

 

Inklusion erscheint hier selbstverständlich

Ein Heer von Ehrenamtlichen sorgte dafür, dass die Besucher mit Behinderung gut durchkamen. So wie Niklas, der eine Schicht an der Roll-Rampe im Garten machte. „Die hat 20 Prozent Steigung. Ich bin zwar gut im Fahren, aber die würde ich nicht alleine schaffen“, sagt Manuela. Die 18-jährige lebt wie Niklas in einer Wohngemeinschaft der Nikolauspflege. Die Einrichtung für Menschen mit Sehbehinderungen war maßgeblich an der Organisation des ersten Festivals dieser Art beteiligt. „Das läuft hier alles mit so einer Selbstverständlichkeit, dass ich fast den Eindruck habe, dass Inklusion im positiven Sinn hier gar kein Thema ist“, freute sich Jugendhausleiter Hans Georg Wittner.

Muster zeichnen im Sandlabor

Am Nachmittag und frühen Abend bevölkerten vorwiegend Familien und Kinder die Freiflächen und Zelte: Im Kreativzelt drängelten sich die Jüngsten um einen Tisch, an dem Baumwolltaschen mit bunten Kunststoffbuchstaben und Motiven bedruckt werden konnte. Eltern und größere Geschwister übten sind an den Slacklines oder ließen sich vom Sandkünstler Chris Kaiser mit seinem Sandlabor faszinieren und malten selbst feinste Muster auf Glasplatten.

Große Flächen für die Graffiti-Künstler

Vor allem Jungs wurden von den Graffiti-Wänden angezogen. „Vom Hip Hop-Open haben wir noch 30 Meter von diesen MDF-Elementen“, berichtet Marcel Dapuzzo vom Jugendhaus. „Die habe ich neu grundiert, und jetzt können sie wieder besprüht werden“, erklärt er. Benjamin und sein Freund Eric haben davon reichlich Gebrauch gemacht. „Wir haben eine Burg gesprayt“, erzählt der achtjährige Eric und ist enttäuscht, dass sie von einem anderen Nachwuchskünstler diese kurz darauf übermalt hat. Zuvor haben die beiden Breakdance erprobt und Benjamin (10) weist den Weg: „Dort im dem Zelt haben wir das zu so Trommelmusik geübt.“ Diese Techno-Klänge haben auch die Firnhaberstraße beschallt. „Die Nachbarn haben wir vorgewarnt“, berichtet Dapuzzo und Wittner lacht: „Die Nachbarn sind alle da.“

Gehörlose spielen ein Stück nach T.C. Boyle

Nach 19 Uhr traf das Konzertpublikum ein, denn im „Club Zentral“ spielten bis ein Uhr mehrere Bands und DJs. Zuvor trat dort das Gehörlosentheater WirJetzt! auf und spielte Szenen aus seinem Stück „Talk. Talk“, nach einem Roman von T.C. Boyle. Regisseurin Christine Bossert hat den Stoff, in dem eine Gehörlose die Heldin ist, für die Bühne umgeschrieben. Gespielt wird mit Hilfe einer Gebärden-Dolmetscherin und wenn die gehörlose Akteurin Sabine Scherbel die Bühne betritt, dann geht die Übersetzungsaufgabe in die entgegengesetzte Richtung. Im Glaspavillon konnten gehörlose Menschen auch schon vorher ihr Vergnügen haben und auf einer Vibrationsfläche tanzen. Die überträgt die Schwingungen der Musik und lässt sie so an den Rhythmen teilhaben.

Tandems für gemeinsame Unternehmungen

Auch die Initiative „Machen wir was“ präsentierte sich im Pavillon und warb für ihre gleichnamige Internetplattform. Dort können sich Menschen mit und ohne Behinderung befreunden und im realen Leben gemeinsam etwas unternehmen. „Es haben sich schon ein paar Tandems so gefunden“, berichtet Nora Auth von der Initiative, die zum städtischen Programm Kultur für alle gehört.

Finanziell unterstützt wurde das Event durch eine Spende der Sparda-Bank an das Jugendhaus Mitte in Höhe von 5000 Euro. „Die haben wir aufgeteilt, als Zuschuss für das Festival, der andere Teil kommt unseren Werkstätten zugute“, sagt Georg Wittner, der schon jetzt angekündigt: „So ein Festival machen wir nächstes Jahr wieder.“