Während es im ganzen Land im Juli deutlich zu viel regnete, war es in Stuttgart zu trocken – zumindest statistisch und an einer Stelle.

Stuttgart - Mit dem Gefühl ist das oft so eine Sache, besonders beim Wetter. Was für den einen schweißtreibend heiß ist, empfinden andere als durchaus angenehm. Um das Wetter wertfrei einzuordnen, gibt es daher Messungen und die Statistik. Aber auch da reibt man sich gerne mal verwundert die Augen, besonders bei den Stuttgarter Werten für Juli. Seit Wochen warten die Menschen auf einen stabilen Sommer – und das vergeblich. Da geht man bei Sonnenschein aus dem Haus zum Bäcker und kommt zehn Minuten später nass zurück.

 

An stolzen 21 Tagen hat es im Juli geregnet, gefühlt also ein ziemlich ungemütlicher und vor allem nasser Monat, aber da kontert der Meteorologe: „Der Juli 2021 war zu trocken“, sagt Andreas Pfaffenzeller vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Stuttgart, „die Monatssumme des Niederschlages war mit 70,3 Litern pro Quadratmeter unter dem Durchschnitt, entspricht nur 86,5 Prozent des vieljährigen Mittels.“

Am Flughafen Stuttgart war es zu nass

Zu trocken? Von den Werten her betrachtet tatsächlich, aber nur wenn man die DWD-Messstation am Schnarrenberg nimmt und das seit Beginn des Jahres gültige langjährige Mittel von 1991 bis 2020. In den vergangenen 30 Jahren wurden dort in einem durchschnittlichen Juli 81,3 Liter Regen gemessen. In dem bis Ende 2020 gültigen Mittelwert von 1961 bis 1990 waren es aber nur 63 Liter, vor einem Jahr wäre der Stuttgarter Juli mit den aktuellen Werten also zu nass gewesen. Nach allen Mittelwerten zu nass war es übrigens am Stuttgart Flughafen, dort fielen im Juli 13 Liter mehr als am Schnarrenberg vom Himmel. Und in ganz Baden Württemberg regnete es im Juli bis zu 48 Prozent mehr als im Mittel. Noch deutlicher ein letztes Beispiel: Am 14. Juli wurden am Schnarrenberg gerade mal 0,2 Liter in 24 Stunden gemessen. Das war der Tag, an dem in Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bis zu 120 Liter Regen in nur wenigen Stunden eine Flutkatastrophe auslösten.

Kein einziger Hitzetag mit mehr als 30 Grad

Gefühl und Statistik deckten sich dagegen ziemlich gut bei der Temperatur in der Stadt. Nein, kalt war es nicht, eigentlich sogar recht angenehm. Es gab immerhin zwölf Tage, an denen die 25 Grad überschritten wurden. Das nennt der Meteorologe dann einen Sommertag, und so knapp über 25 Grad ist für viele auch Wärme genug. Zumal man abends oft noch gut draußen sitzen konnte, da viele Wolken unterwegs waren, die eine rasche Auskühlung verhinderten. Nachts war es durchaus angenehm, es gab keine Tropennächte, an denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt. Insgesamt war der Juli mit 19,1 Grad im Schnitt knapp ein Grad zu kühl - verglichen mit dem Zeitraum 1991 bis 2020. Die 30 Jahre davor hätte ein Juli mit gut 19 Grad als statistisch ein wenig zu warm gegolten, aber da war der Klimawandel auch noch nicht so richtig in Fahrt.

Den gibt es natürlich noch, auch wenn das zumindest bei uns gerade nicht spürbar ist. Im Gegenteil: „Der Juli 2021 hatte keinen einzigen Hitzetag mit mehr als 30 Grad“, erklärt Andreas Pfaffenzeller, „das gab es zuletzt im Jahr 2000.“ Für manche war der Juli also zu kühl, besonders im Vergleich zum Vorjahr. Da wurden fünf Hitzetage über 30 Grad gezählt, der höchste Wert lag bei knapp 35 Grad, während im Juli 2021 bereits bei 28 Grad Schluss war.

217 Stunden Sonnenschein

Trotz der vielen Wolken gab es aber auch gut 217 Stunden ungetrübten Sonnenschein, das sind nur zehn Prozent weniger als normal – egal welchen Vergleichswert man nun nimmt. Bis jetzt haben wir also einen Sommer light, aber das kann auch Vorteile haben. Wer ins Freibad zum Schwimmen will, kriegt immer eine Karte, der Garten muss nicht so oft gegossen werden, und passionierte Rasenmäher können mindestens einmal pro Woche den Motor dröhnen lassen.

Und das feuchte Wachstumswetter hält auch noch an – wer Spaß an knalliger Hitze hat, der muss dagegen jetzt stark sein. Zumindest bis Ende dieser Woche bleibt es wechselhaft und kühler als im Juli. Aber das muss nichts heißen. 2016 holperte der Sommer ähnlich wie jetzt, gab dann aber im September derart Gas, dass die Freibäder erklären mussten, warum sie am 11. September bei 30 Grad die Saison beendeten.