Das Projekt „Welcome“ in Neuhausen nimmt sich seit etwa zwei Jahren der Integration junger, unbegleiteter Flüchtlinge an. Die Verantwortlichen fühlen sich jedoch von der Politik durch deren Auslegung des Aufenthaltsrechts ausgebremst.

Neuhausen - Seit zwei Jahren engagiert sich das Projekt „Welcome“ in Neuhausen für die Integration junger, unbegleiteter Geflüchteter. Es hat sich die Aufgabe gestellt, den aus Krisengebieten stammenden Jugendlichen in Deutschland durch Patenschaften und Vernetzung eine Perspektive zu bieten, um sie hier einzugliedern. Dieses Ziel sei bisher „exzellent“ erreicht worden, zieht Angela Riße, die Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF), der Träger des Projekts ist, eine positive Bilanz. Doch ihre Freude ist nicht ungetrübt. Sie übte am Freitag in einem Pressegespräch Kritik an der Politik, die mit ihrer Auslegung des Aufenthaltsrechts bei Jugendlichen und Projektverantwortlichen Ängste und Unsicherheit schüre.

 

Ehrenamtliche Paten betreuen die Jugendlichen

Das bisher Geleistete könne sich durchaus sehen lassen, sagt Angela Riße. Von den aktuell unter der Obhut der Kinder- und Jugendhilfe lebenden 35 jungen Geflüchteten seien alle „auf einem guten Weg“. Zwei von ihnen hätten einen Arbeitsplatz, neun befänden sich in Ausbildung und von 24, die zur Schule gingen, bemühten sich sieben bereits um eine Lehrstelle. Insgesamt 16 Patenschaften, die Bürger ehrenamtlich übernehmen, vermittelten den jungen Menschen deutsches Familienleben und Kulturerlebnisse. Diesem Engagement sei die gut gelingende Integration mit zu verdanken. Ebenso den Betrieben, die den jungen Leuten – oft nach vertrauensbildendem Probearbeiten oder einem Praktikum – eine Chance böten.

Johannes Ehret betreut mit seiner Familie schon seit zwei Jahren den inzwischen 20 Jahre alten Mohamed aus dem Iran. Dieser befinde sich zurzeit in einer Ausbildung zum Servicehelfer im Gesundheitswesen. Ob er in Deutschland bleiben kann, ist indes ungewiss, denn laut Andreas Wolf, der die Patenschaften koordiniert, hat Mohamed einen Abschiebebescheid erhalten, gegen den er vor dem Verwaltungsgericht klage. Nicht nur für Mohamed, sondern auch für die Familie Ehret „wäre es schlimm, wenn er zurück müsste. Davor haben wir Angst“, sagt Ehret.

Mohamed ist einer von 13 jungen Geflüchteten, denen nach einem negativen Asylbescheid ein Abschiebebescheid zugegangen sei, erzählt Andreas Wolf. Maßgeblich dafür seien gegenwärtig die Unsicherheiten bei der Ausbildungsduldung. So müssten für die Aufnahme oder Fortsetzung einer Ausbildung Identitätspapiere zur Ausstellung eines Passes nachgewiesen werden. An diese heranzukommen, sei in Kriegs- und Krisenregionen wie etwa Afghanistan oder Somalia oft sehr schwer.

Unsicherheit greift um sich

„Wir tun alles, um den jungen Menschen bei der Beschaffung dieser Papiere zu helfen“, berichtet Angela Riße. „Aber wir haben kein Verständnis dafür, dass eine Ausbildung versagt wird, wenn nachweislich von den Betroffenen alles getan wurde, um diese Papiere zu besorgen“ – obwohl das innerhalb der „wirklichkeitsfremden“ Fristen nicht möglich sei.

Die Unsicherheit wirke sich auch negativ auf die Bereitschaft der Firmen aus, diesen jungen Leuten einen Ausbildungsplatz anzubieten, sagt Wolf. Er registriere in diesem Jahr von dieser Seite „eine gewisse Zurückhaltung“. Er führe das darauf zurück, dass „sich der gesellschaftliche Kontext bezüglich Flüchtlingen verändert hat“. Angela Riße wird noch deutlicher. Sie empfinde es als „unsäglich“, wie sich die Richtung in der Flüchtlingspolitik gewandelt habe und wie schnell sich das verbreite. Das verzerre gute Integrationsarbeit und wirke als „Klatsche gegen Jugendhilfeträger“.

Gefördertes Projekt

Welcome
Das auf drei Jahre angelegte Projekt „Welcome“ ist eine Kontakt- und Informationsstelle, die Patenschaften für junge Flüchtlinge vermittelt und begleitet. Zudem betreibt es eine Informations- und Netzwerkarbeit zu den Themen Flucht und Integration. Im Sommer 2019 würde es auslaufen, die Verantwortlichen bemühen sich um eine Anschlussförderung.

Finanzierung
„Welcome“ wird von der Stiftung Deutsches Hilfswerk, dem Flüchtlingsfonds der Diözese Rottenburg Stuttgart und dem Förderverein „Zukunft für Kinder“ der Kinder- und Jugendhilfe Neuhausen gefördert.