Kim Renkema holte Pokale für die Stuttgarter Volleyballerinnen, jetzt ist sie deren Managerin und ist im Team der Juroren für den Ehrenamtspreis 2019.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Es ist schattig und kühl im penibel aufgeräumten Büro von Kim Renkema. Unter der Tribüne des Mercedes-Benz-Stadions in der Untertürkheimer Kurve hat die frühere Spitzensportlerin in der Scharrena ihren neuen Wirkungskreis als Sportdirektorin beim Volleyball Bundesligisten Allianz MTV Stuttgart. „Ich lerne noch jeden Tag dazu“, sagt sie schmunzelnd. Der Wechsel vom Spielfeld als Mannschaftskapitänin und Außenangreiferin ins Management war ein Sprung ins kalte Wasser. 2017 hat sie ihn gewagt und damals als 30-jährige ihre Profikarriere beendet.

 

Volleyball braucht Ehrenamtliche

Heute ist die durchtrainierte Frau mit dem strahlenden Lächeln und dem federnden Gang die Identifikationsfigur für die Spielerinnen, und ihre Aufgaben als Sportdirektorin sind vielfältig: Sie ist Strippenzieherin, knüpft Netzwerke, sichert das Sponsoring, stellt die Kader zusammen, betreut die Spieltermine, kauft Spielerinnen ein, hat ein Auge auf den begabten Nachwuchs, sie betreut ihn teilweise selbst, und sie hält die Ehrenamtlichen bei Laune. „Ohne die würde im Volleyball nichts funktionieren. Das ist hier nicht wie im Fußball“, erklärt sie. Gerade zweieinhalb Stellen hat der Allianz MTV Stuttgart. Hinter den Kulissen wirken bei den Spielen beim Auf-und Abbau, bei der Betreuung der Spielerinnen während Turnieren und bei der Security unentgeltlich die Ehrenamtlichen mit Enthusiasmus.

Benzingeld für den Vater

Den müssen auch Eltern aufbringen, wenn ihr Nachwuchs das Zeug zum Profisportler hat. Bei Kim Renkema spielten Vater, Mutter und der große Bruder Volleyball und so ist sie praktisch damit aufgewachsen. „Ich durfte schon mit Fünf statt wie üblich mit Sechs einsteigen“, berichtet sie. Das war im niederländischen Hoogeven. „Meinem Vater habe ich mit 17 Jahren von meinem ersten Geld, das ich verdient habe, das Benzin bezahlt“, erzählt sie. Denn es waren viele Kilometer zusammengekommen. Aber nicht nur das: Die Eltern mussten sonntags um sechs aufstehen, um die Tochter zum Turnier zu fahren, und beim Training am Spielfeldrand warteten sie geduldig – stundenlang.

Das ist in allen Familien so, wenn die Kinder sich – wie Renkema – in den Kopf gesetzt haben, Profi-Sportler zu werden – bis heute. „Für Eltern ist das der Wahnsinn. Ich wollte das so. Mein Vater und meine Mutter haben mich unterstützt, aber nicht dazu getrieben. Meine Mutter hätte mir eher geraten, ich solle Kinderärztin werden“, erzählt sie.

Studium neben dem Leistungssport

Das wollte sie tatsächlich, doch neben der Sportlerkarriere war das nicht möglich. Deshalb entschloss sie sich für das Studium der Orthopädagogik, eine Mischung aus Heilpädagogik sowie Kinder- und Jugendpsychologie. Im Zentrum stehen das Verhalten, das Lernen und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Diese Fachrichtung gibt es in Deutschland nicht.

Kinder lernen in der Mannschaft

„Mein Studium hilft mir im Umgang mit Menschen, insbesondere mit Jugendlichen. Deutschland könnte auf dem Gebiet der Kinderpsychologie mehr tun“, kritisiert die diplomierte Orthopädagogin. Dass der Sport im Fächerkanon der Schulen stiefmütterlich behandelt wird, gefällt ihr ebenfalls nicht. Gerade im Mannschaftssport können Kinder lernen, wie sie sich in einer Gruppe verhalten können, wie sie dort ihren Platz finden, wie sie im Team agieren und wie sie Vertrauen entwickeln. „Es ist eine traurige Entwicklung, dass viele Kinder heute nur noch am Computer sitzen.“ Die Schulen sollten viel mehr in den Sport investieren, findet Renkema. „Ich freue mich immer, wenn ich sehe, dass Kinder im Verein spielen.“

Vom Spielfeld an den Schreibtisch

Sie selbst wurde aus dem niederländischen Nationalteam 2010 für die Bundesligamannschaft des Allianz MTV eingekauft. Zwischendurch spielte sie von 2012 bis 2014 in Italien und spricht nicht nur hervorragend Deutsch, sondern auch Italienisch. 2014 holten sie die Stuttgarter zurück und insgesamt gewann sie für sie dreimal den Pokal. Drei Jahre später musste sie den Leistungssport und damit ihre Profikarriere beenden: Eine Rückenverletzung zwang sie dazu. „Aber ich hätte ohnehin aufgehört. Mit 30 ist Schluss, das ist im Leistungssport die Grenze für Frauen.“ Ein Glücksfall für Renkema, dass ihr die frei gewordene Position des Sportdirektors angeboten wurde – und ein Glücksfall für die Volleyballerinnen, dass sie angenommen hat. Eines aber macht ihr zu schaffen: „Ich merke jetzt, wie schwierig es ist, Sport zu treiben, wenn man berufstätig ist.“

Auf ihre Rolle als Jurorin beim EhrenamtspreisStuttgarter des Jahres“, den die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeiung gemeinsam ausrichten, freut sich Kim Renkema. Gerade im Sport funktioniere gar nichts ohne das Ehrenamt.

So kann man sich bewerben

Die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeitung zeichnen ehrenamtlich engagierte Menschen aus. Dazu stiften sie den Preis Stuttgarter des Jahres, der mit insgesamt 18 000 Euro dotiert ist. Gesucht werden sechs Personen, die sich vorbildlich in der Gesellschaft einbringen und deren Engagement eine Motivation und ein Ansporn für Dritte sein soll. Die Projekte sollen sich durch Innovation, Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektive auszeichnen. Nominiert werden können Einzelpersonen, Schulklassen, Projektgruppen, Verbände, Vereine, Bürgerforen, freie Zusammenschlüsse, Nachbarschaftshilfen, aber keine Institutionen wie zum Beispiel das Rote Kreuz als Ganzes.

Fünf weitere Juroren entscheiden neben Cornelia Ewigleben, welche Kandidaten als Stuttgarter des Jahres den Preis in Höhe von 3000 Euro erhalten: Kim Renkema ist eine erfolgreiche Bundesliga-Volleyballerin und Teammanagerin von MTV Allianz Volley, der evangelische Stadtdekan Søren Schwesig und Rainer Scharr, der das gleichnamige Energieunternehmen leitet. Außerdem sitzen der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Joachim Dorfs, und Frank Karsten, der Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Versicherungsgruppe, in der Jury.

Das Besondere am Stuttgarter des Jahres ist, dass sich die Kandidaten nicht selbst bewerben können, sondern von einem Paten empfohlen werden müssen. Übrigens: Wer während der vergangenen fünf Benefizaktionen schon mal einen Kandidaten vorgeschlagen hat, kann es gern noch einmal probieren. Wenn Sie also jemanden kennen sollten, der für Sie ein Stuttgarter des Jahres ist, melden Sie sich bis zum 23. November 2019 bei uns. Schreiben Sie uns, und begründen Sie, warum diese Person den Preis verdient hätte. Vergessen Sie nicht, uns Ihre vollständigen Kontaktdaten zu hinterlassen.

Kontakt Stuttgarter Zeitung, Ralf Gunkel, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart, oder im Internet unter www.stuttgarter-des-jahres.de oder per E-Mail an stuttgarter-des-jahres@stz.zgs.de