Das Württembergische Landesmuseum hat mit Cornelia Ewigleben eine rührige Direktorin mit Mut zu Neuem. Sie ist nun auch Jurorin beim Ehrenamtspreis Stuttgarter des Jahres 2019.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Die Köstlichkeiten der Welt liegen ihr zu Füßen, denn Cornelia Ewigleben hat ihr Büro über der Markthalle. Trotzdem ist sie bei dem Bummel vorbei an den Spezialitäten bescheiden: Ein Bio-Dinkelcroissant leistet sie sich. „Das ist das zweite Frühstück und Mittagessen zugleich“, erklärt sie und schwärmt von ihrer wunderbaren Siebträger-Espresso-Maschine, die ihr morgens den Kick für den langen Arbeitstag liefert. Ihren Umzug vom Alten Schloss in den dritten Stock des Markthallengebäudes hat die Direktorin des Württembergischen Landesmuseums sich selbst zuzuschreiben, denn dort, wo früher ihr Büro war, ist jetzt das Kindermuseum, und das wurde auf ihre Initiative 2010 eröffnet.

 

Das Museum wird zum Treffpunkt

Geboren wurde die Idee an ihrer früheren Wirkungsstätte, dem Historischen Museum der Pfalz in Speyer. „Wir müssen die kulturelle Bildung im Kleinkindalter anlegen“, davon ist Cornelia Ewigleben überzeugt, aber ihr geradezu revolutionärer Geist reicht noch weiter. Das Museum müsse sich für die Menschen öffnen, sagt sie. Geradezu sträflich sei es, ein Haus, das am Filetstück der Stadt liegt, abends zu schließen.

Deshalb wird von Herbst 2020 an das Landesmuseum ein offener Ort sein: Für Menschen, die an prominenter Stelle in der Stadt etwas am Laptop arbeiten wollen, ein Treffpunkt mit Café, und abends warten Theater, Konzerte oder Lesungen auf das Publikum. 500 Leute werden im zur Kulturlobby umgebauten Foyer Platz finden. „Das ist doch die beste Werbung für unsere Ausstellungen“, betont die Direktorin und weist darauf hin, dass dies alles ohne den Einsatz von ehrenamtlichen Mitarbeitern gar nicht möglich wäre. Das verbindet sie mit dem Ehrenamtspreis Stuttgarter des Jahres, in dessen Jury sie dieses Mal sitzen wird, dem letzten Jahr ihrer Amtszeit. Cornelia Ewigleben geht in Pension.

Exotin in Osteuropa

Ihn ihrer Karriere als Ausstellungskuratorin und Museumsdirektorin hatte sie immer den Mut zum Unkonventionellen bewiesen. Und der zeigte sich schon bei ihrer Entscheidung, klassische Archäologie zu studieren. Die Eltern hätten die Tochter nach dem Abitur am Wirtschaftsgymnasium lieber als Bankerin gesehen. „Ich hatte schon einen Ausbildungsvertrag bei der Deutschen Bank. Als ich den damals absagte, war das schon etwas Außergewöhnliches.“

Später wollte sie bei ihrer Promotion „nicht so etwas Gängiges“ machen. Also wählte sie als Thema die Erforschung und Ausbreitung der künstlerischen Metallbearbeitung der Thraker, einem Volk, das im nördlichen Griechenland beheimatet war. Die Nebenwirkungen des Themas hatte sie nicht bedacht: Ihre Forschungen führten sie nach Oxford, zuvor jedoch nach Bulgarien. „Ich ging dorthin, ohne die Sprache zu sprechen. Zuvor hatte ich ein Semester Russisch belegt, aber die Literatur war fast ausschließlich auf Bulgarisch.“ Also lernte sie es zu lesen. Als Westdeutsche war sie in den 1980ern eine Exotin an der Universität: „Wenn ich die Bibliothek betrat, richteten sich alle Blicke auf mich.“ Und politisch traute man ihr nicht über den Weg: „Ich hatte ständig drei Begleiter.“

Abtauchen in den Weltmeeren

Dann folgte das Volontariat am Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe und die erste Ausstellung dort als Volontärin – auch das war ein Novum. „Hinten wurden noch die Vitrinen geputzt und vorne schon die Reden gehalten“, schildert sie den Tag der Eröffnung, und ihre spätere Schau mit dem Titel „Das Gold von Tarent“ reiste um die Welt, kam auch nach Stuttgart. Nach zwölf Jahren an der Elbe fand sie, es sei Zeit für einen Wechsel. „Ich hatte das Gefühl, dass ich selbst schon eine Inventarnummer auf der Stirne trage.“ Sie übernahm in Speyer die Leitung des Historischen Museums der Pfalz und lernte dort ihren Mann, den heutigen Leiter des Badischen Landesmuseums, Eckart Köhne, kennen. Zuhause werde zwar gefachsimpelt, verrät sie, aber das halte sich in Grenzen.

Wenn Cornelia Ewigleben, die ihren Professorentitel gerne verschweigt, richtig ausspannen will, macht sie dies unter Wasser: „Die Stille, die Farben und diese ganz andere Welt unter Wasser sind faszinierend.“ Leider gibt es selbst hier negative Erfahrungen: „Für ein gutes Selfie stehen manche tatsächlich mit den Flossen mitten in die Korallen.“ Kürzlich war sie in Ägypten untergetaucht, ein Übungsgang für das nächste große Abenteuer: Die Unterwasserwelt vor Indonesien.

So kann man sich bewerben

Die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeitung zeichnen ehrenamtlich engagierte Menschen aus. Dazu stiften sie den Preis Stuttgarter des Jahres, der mit insgesamt 18 000 Euro dotiert ist. Gesucht werden sechs Personen, die sich vorbildlich in der Gesellschaft einbringen und deren Engagement eine Motivation und ein Ansporn für Dritte sein soll. Die Projekte sollen sich durch Innovation, Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektive auszeichnen. Nominiert werden können Einzelpersonen, Schulklassen, Projektgruppen, Verbände, Vereine, Bürgerforen, freie Zusammenschlüsse, Nachbarschaftshilfen, aber keine Institutionen wie zum Beispiel das Rote Kreuz als Ganzes.

Fünf weitere Juroren entscheiden neben Cornelia Ewigleben, welche Kandidaten als Stuttgarter des Jahres den Preis in Höhe von 3000 Euro erhalten: Kim Renkema ist eine erfolgreiche Bundesliga-Volleyballerin und Teammanagerin von MTV Allianz Volley, der evangelische Stadtdekan Søren Schwesig und Rainer Scharr, der das gleichnamige Energieunternehmen leitet. Außerdem sitzen der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Joachim Dorfs, und Frank Karsten, der Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Versicherungsgruppe, in der Jury.

Das Besondere am Stuttgarter des Jahres ist, dass sich die Kandidaten nicht selbst bewerben können, sondern von einem Paten empfohlen werden müssen. Übrigens: Wer während der vergangenen fünf Benefizaktionen schon mal einen Kandidaten vorgeschlagen hat, kann es gern noch einmal probieren. Wenn Sie also jemanden kennen sollten, der für Sie ein Stuttgarter des Jahres ist, melden Sie sich bis zum 23. November 2019 bei uns. Schreiben Sie uns, und begründen Sie, warum diese Person den Preis verdient hätte. Vergessen Sie nicht, uns Ihre vollständigen Kontaktdaten zu hinterlassen.

Kontakt Stuttgarter Zeitung, Ralf Gunkel, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart, oder im Internet unter www.stuttgarter-des-jahres.de oder per E-Mail an stuttgarter-des-jahres@stz.zgs.de