Jussi Adler-Olsen hat mit „Opfer 2117“ den achten Fall des Kopenhagener Sonderdezernats Q um Carl Mørck vorgelegt. Das Tempo ist hoch, der Fall spannend konstruiert, trotzdem hat das Buch Schwächen.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Es beginnt mit einem katalanischen Journalisten, der im Fernsehen sieht, wie der Leichnam einer geflüchteten Frau an einem Strand in Zypern angespült wird, geht weiter mit einem psychisch gestörten Gamer, der einen blutigen Amoklauf in Kopenhagen ankündet, und endet mit einem geplanten Terroranschlag im Herzen Europas. Der dänische Bestsellerautor Jussi Adler-Olsen zieht in seinem neuen Thriller „Opfer 2117“ fast alle Register der modernen Thrillerliteratur. Es handelt sich um den achten Fall des Sonderdezernats Q um den brummig-liebenswerten Kommissar Carl Mørck.

 

Kenner der seit zwölf Jahren erfolgreichen Thrillerserie wissen: In Mørcks Mannschaft wirken eine Menge Zentrifugalkräfte. Da sind der arabischstämmige Assad mit gelegentlichen Problemen bei der Impulskontrolle, der jungenhafte und komplexgeplagte Gordon, Rose, die mit starken psychischen Problemen zu kämpfen hat, nachdem sie in einem der früheren Fälle des Sonderdezernats Kriminellen in die Hände gefallen war, und natürlich Carl Mørck selbst mit seinem alles andere als sozial kompatiblen Charakter. Gleichwohl hat sich das Sonderdezernat Q seit seinem Bestehen eine einzigartige Aufklärungsquote erarbeitet.

Am Ende ein reinrassiger Pageturner

Ob es im neuesten Fall dabei bleiben wird? So wie noch nie ist die kleine Kopenhagener Polizeitruppe gefordert, weil es gleich an mehreren Fronten brennt. Wie es sich gehört, haben Carl Mørck und seine Kollegen zugleich wieder jede Menge persönliche Probleme am Hals, darüber hinaus gerät Assad in eine Vendetta, in der der Leser viel über die haarsträubende Vergangenheit des arabischstämmigen Dänen lernt.

Routiniert und professionell hält Jussi Adler-Olsen die Erzählstränge in der Hand und den Leser mit sorgfältig konstruierten Cliffhangern bei der Stange. Spätestens im letzten Drittel gerät der Thriller zum reinrassigen Pageturner, den der Leser erst spätabends aus der Hand legt. Gleichwohl weist „Opfer 2117“ durchaus Schwächen auf. Vor allem in den Passagen, die sich um Assad drehen, verliert Adler-Olsen seinen sonst so augenzwinkernden, anarchisch-lakonischen Stil. Eventuell will der Autor so eine Art orientalische Impulsivität und Theatralik erzeugen, die allerdings eher Vorurteile bedient und letztlich ermüdet. Superlativ-Sprache ist dann doch eher ein Zeichen von inhaltlichen Schwächen.

Jussi Adler-Olsen: Opfer 2117. Der achte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q. DTV Verlag München 2019. Hardcover mit Schutzumschlag, 588 Seiten, 24 Euro. Auch als E-Book, 20,99 Euro, und Hörbuch, 23,99 Euro.