Lars Reichow zeigt Kabarett der Güteklasse und kündigt an, dass der Mainzer Rosenmontagszug am Engelberg vorbeizieht. Ein fulminanter Auftritt.

Mit einem Liebeslied verabschiedet sich Lars Reichow von seinem Leonberger Publikum. Die Stimmung ist gut, der Abend war ein Musterbeispiel dafür, dass zwischen Kabarett und Comedy Welten liegen. Der Künstler aus Mainz zählt zur erstgenannten Gattung.

 

Reichow fordert die Zuschauer zu besonders lauten Beifallsbekundungen auf. Die Menschen in der Stadthalle johlen und klatschen – ein Beifall für die Ewigkeit, denn der Mann auf der Bühne nimmt ihn auf. Es ist einer dieser hintersinnigen Späße, mit denen er sich und seine Branche selbst auf die Schippe nimmt. Wobei der lautstarke Beifall der tatsächlichen Stimmung entspricht. Die Leute wollen mehr.

Klare Worte zum Krieg in der Ukraine

Und sie bekommen auch mehr. Zum Finale macht Lars Reichow einen Ausflug in die Ukraine. Mit eindringlichen Worten wirft er dem Westen vor, die katastrophale Entwicklung in Osteuropa über Ewigkeiten ignoriert zu haben: „Wir haben 16 Jahre Walzer getanzt.“ Den politischen Forderungen, den Russen ein Verhandlungsangebot zu machen, erteilt er eine klare Absage: „Wer macht den Mördern seiner Kinder ein Friedensangebot?“

Als das Bühnenlicht ausgeht, herrscht zwei Sekunden beklemmende Stille im Saal. Dann brandet aber abermals großer Beifall auf. Lars Reichow hat einmal mehr bewiesen, dass es noch diese Art von politischem Kabarett gibt, die nichts mit dumpfen Gags aus drittklassigen Trash-Shows zu tun hat.

Das Mainzer Kerngeschäft

Der 58-Jährige macht dies nicht nur an harten Themen fest. Reichow kann auch unbeschwert. Mit liebevoller Ironie nimmt er seine Heimatstadt auf die Schippe: Mainz, Jahrzehnte lang mit mehr als einer Milliarde Euro dauerverschuldet, ist – Biontech sei Dank – über Nacht wohlhabend geworden.

Der Entwickler des Corona-Impfstoffs, passenderweise mit der Postadresse An der Goldgrube, hat mit seiner Gewerbesteuer die arme rheinland-pfälzische Kapitale zur reichen Stadt gemacht. „Jetzt können wir uns endlich wieder ungestört unserem Kerngeschäft zuwenden: Fleischwurst essen und Riesling trinken.“ Jene beiden Lebensmittel erfreuen sich in Mainz tatsächlich einer überaus großen Beliebtheit.

Sehr gute Lokalkenntnisse

Doch nicht nur am Rhein kennt sich Lars Reichow gut aus. Überzeugte er schon vor zwei Jahren beim Leonpalooza-Festival mit hiesigem Insiderwissen („Leonberg first – make Eltingen great again“), so hat er seine Kenntnisse der lokalen Besonderheiten noch intensiviert und überrascht das Publikum mit der Feststellung, dass die Stadthalle ja eigentlich auf Eltinger Boden liegt. Als er dann noch feststellt, dass „Eltingen das wahre Leonberg ist“, heulen einige im Publikum begeistert auf.

Entertainer im besten Sinne

Freuen können sich indes alle Groß-Leonberger auf den kommenden Februar. Nein, nicht nur wegen des Pferdemarktes, der dann hoffentlich wieder stattfindet. Als besondere Überraschung wird eine Woche später der Mainzer Rosenmontagszug durch Leonberg ziehen. Angesichts des bereits erwähnten unerwarteten Geldsegen wollen die Mainzer Fastnachter ganz Süddeutschland mit ihrer bunten Attraktion beglücken. „Auf meinen Wunsch hin auch Leonberg“, grinst Reichow, der erkennbare Sympathien für den Altkreis erkennen lässt, wohl auch, weil allerlei junge Damen von Weil der Stadt bis Ditzingen ihn zu einem Lied über die hiesigen schönen Frauen inspiriert haben.

Der klavierspielende Entertainer im besten Sinne des Wortes, längst einem Millionen-Publikum als Nachrichtensprecher der „Fastnachtsthemen“ bei „Mainz bleibt Mainz“ bekannt, will wieder vorbeischauen. Er ist in Leonberg herzlich willkommen.