Der SPD-Oberbürgermeister, Abgeordnete und Bürger kämpfen gemeinsam für eine Verkehrsentlastung. Doch der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will die Mittel kürzen.

Pforzheim - Pforzheim ist die einzige Großstadt im Land, die keine Umgehungsstraße hat. Statt dessen führen gleich drei Bundesstraßen „mitten durch das Herz der Stadt“, wie ein Sprecher die „unhaltbare Situation“ beschreibt. Diese Verkehrsbelastung wird wohl noch ziemlich lange andauern, wenn es bei der von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) angekündigten Mittelkürzung beim Bundesfernstraßenbau bleibt.

 

„Endet der mittlerweile gut dreißig Jahre währende Kampf für die Entlastung der Pforzheimer Innenstadt von Verkehr, Lärm und Abgasen denn nie?“ – mit dieser Frage hatte sich der Oberbürgermeister Gert Hager (SPD) an Ramsauer gewandt, „geradezu entsetzt“ über dessen Ankündigung. Die Menschen interessiere es nach Jahrzehnten des Wartens nicht mehr, ob der „schwarze Peter“ in Berlin oder Stuttgart zu suchen ist. So werde die Glaubwürdigkeit der Politik aufs Spiel gesetzt und Politikverdrossenheit gefördert. „Pforzheim braucht die Westtangente und den Baubeginn in 2014“, schrieb Hager.

Wenige Wochen zuvor hatte in Pforzheim noch Euphorie geherrscht. Denn Mitte Juni war die Pforzheimer Umgehungsstraße, die sogenannte Westtangente, von der neuen Landesregierung auf einer Prioritätenliste für den Bundesfernstraßenbau unter die ersten fünf Projekte gerückt. Für den ersten, baureifen Abschnitt der Westtangente bestand somit eine realistische Chance auf einen Baubeginn im Jahr 2014.

Dieser knapp drei Kilometer lange Abschnitt zwischen der B 10 und der B 294 brächte bereits eine deutliche Entlastung der Innenstadt, erklärt der Stadtsprecher. Insbesondere die Gewerbetreibenden im Brötzinger Tal hätten dann einen direkten Anschluss an die Autobahn 8. Der Anschlussknoten der Westtangente an die Auffahrt West der A 8 ist bereits gebaut, endet aber nach 150 Metern „im Nirwana“. Rund 70,7 Millionen Euro sind für den ersten Abschnitt mitsamt dem rund 1,3 Kilometer langen Tunnel veranschlagt.

Schon im August machte der Bundesverkehrsminister der Landesregierung und somit auch der Stadt Pforzheim einen Strich durch die Rechnung. Ramsauer schrieb seinem Kollegen Winfried Hermann (Grüne), dass er „derzeit keine Spielräume für Neubeginne“ im Land sehe. Dies sei den „erheblichen Kostensteigerungen“ bei begonnenen Baumaßnahmen geschuldet, für deren Fertigstellung allein noch 900 Millionen Euro benötigt würden. Dem Land stünden hingegen zwischen 2012 und 2016 bisher nur 450 Millionen Euro Bundesmittel zur Verfügung. Deshalb könne er den Baubeginn der fünf Projekte in 2014 „nicht bestätigen“. Hermann protestierte gegen die geplante drastische Kürzung, zumal dann bereits begonnene Projekte – etwa der Ausbau der A 8 zwischen Karlsbad und Pforzheim – unterbrochen werden müssten und sich die Bauzeit auf mehrere Jahre verlängern würde. Diese angekündigte Kürzung halte er „für nicht vertretbar“, schrieb Hermann. Eine Entscheidung in Berlin steht noch aus.

Jetzt haben OB Hager, Bundes- und Landtagsabgeordnete, Bürgervereine und Vertreter aus der Wirtschaft für den Bau der Westtangente demonstriert. Die Einigkeit über die Dringlichkeit des Projekts hat parteipolitischen Zwist nicht verhindert. CDU-Abgeordnete empörten sich, dass der SPD-Landtagsfraktionschef und Ludwigsburger Abgeordnete Claus Schmiedel bei der Veranstaltung ein Grußwort sprach. Auch der Pforzheimer Hans-Ulrich Rülke, für die FDP im Gemeinderat und zudem Fraktionschef im Landtag, ist verärgert. Er war nicht offiziell eingeladen worden – weil er als Abgeordneter den Enzkreis vertritt.