In Marseille müssen Bars und Restaurants schließen - Gesundheitsminister Véran warnt vor einer kritischen Lage

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Frankreichs Regierung verschärft die Corona-Maßnahmen und löst damit einen Sturm der Entrüstung aus. Vor allem in der von der Pandemie besonders hart getroffenen Stadt Marseille ist der Unmut groß. Die angekündigte Schließung aller Bars und Restaurants nannte ein Regionalvertreter am Donnerstag einen „Affront“ und sprach von einer „kollektiven Bestrafung“ durch die Zentralregierung in Paris. Aber auch in der Hauptstadt schlagen die Wellen hoch. Auch dort sind neue Restriktionen angekündigt.

 

Regierung verweist auf hohe Corona-Zahlen

Die französische Regierung will den Protesten aber nicht weichen und verweist zur Begründung der neuen Maßnahmen auf die Zahl der Neuinfektionen im Land, die mit zuletzt gut 13 000 in 24 Stunden weiter extrem hoch ist. Gesundheitsminister Olivier Véran warnte in einer Ansprache im Fernsehen, ohne rasches Gegensteuern drohe „in einigen Wochen wieder eine kritische Lage“ in den Krankenhäusern. Die Regierung verhängte deshalb die härtesten Maßnahmen seit Ende der Ausgangssperre am 11. Mai.

In Marseille, wo von Samstag an die höchste Corona-Alarmstufe gilt, müssen alle Restaurants und Bistros schließen. Auch alle öffentlich zugänglichen Einrichtungen dürfen nicht mehr öffnen, so lange sie kein „strenges Gesundheitsprotokoll“ vorlegen können. Theater und Kinos sind von den Anordnungen nicht betroffen.

Harte Einschnitte in Marseille

Michèle Rubirola, die Bürgermeisterin der südfranzösischen Hafenmetropole, äußerte sich im Sender „BFM TV“ empört darüber, dass diese Schritte ohne jede Absprache entschieden worden seien. Sie fordert ein zehntägiges Moratorium. Es solle erst abgewartet werden, wie sich die Corona-Lage in der Stadt weiterentwickelt. Das Ministerium verweist aber darauf, dass die Corona-Lage in Marseille ist seit Wochen angespannt ist. Die Zahl der Menschen, die sich innerhalb einer Woche mit dem Coronavirus infiziert haben, liegt dort nach Angaben der Regierung bei rund 250 – das ist fünf Mal so hoch wie festgesetzte Warnwert.

Unverständnis in Paris

Etwas abgeschwächte Regelungen gelten in Paris, Bordeaux, Nizza und sieben weiteren französischen Großstädten. Dort sollen etwa Bars und Restaurants spätestens um 22 Uhr schließen. Aber auch dort regt sich Kritik. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo nannte das Vorgehen genauso „schwer verständlich“ wie die Schließung aller Fitnessklubs und Sporthallen.

In allen Städten mit hoher Virus-Ausbreitung sind zudem Versammlungen von mehr als zehn Menschen untersagt sowie Großveranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern. Landesweit gilt überdies weiter eine Maskenpflicht in Unternehmen, Schulen und in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln. Mit fast 31 500 Corona-Todesfällen ist Frankreich nach absoluten Zahlen eines der am stärksten betroffenen Länder Europas.