Verteidigungsminister aus aller Welt haben in Stuttgart eine Strategie im Kampf gegen den so genannten Islamischen Staat beraten. Ursula von der Leyen und ihr US-Kollege Ashton Carter setzen durchaus verschiedene Akzente im gemeinsamen Kampf gegen IS.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Ursula von der Leyen konnte das nicht wissen. Gerade eben war die Verteidigungsministerin vor eine Hand voll Journalisten getreten, die vor dem Hauptquartier der US-Streitkräfte vor sie gewartet hatten. Im Schatten des Gebäudes erläuterte sie die deutsche Sicht auf den Kampf gegen den so genannten Islamischen Staat (IS) und hatte gerade erklärt, dass die Koalition der Anti-Terror-Kämpfer in der jüngsten Vergangenheit beachtliche Erfolge erzielt hatte. Just in diesem Moment verbreitete sich die Meldung, dass der IS in Syrien große Teile des wichtigen Gasfeldes Al-Schair eingenommen hatte.

 

Wenige Meter von Ursula von der Leyen entfernt sprach ihr US-Kollege Ashton Carter zeitgleich vor einem ungleich größeren Auditorium. „Dieser Kampf ist weit von einem Ende entfernt“, sagte Carter, der zuvor mit von der Leyen und neun weiteren Verteidigungsministern zusammengetroffen war, um das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Dschihadisten zu besprechen. Von den Verbündeten mahnte Carter mehr Engagement. Und nicht zum ersten mal ließ Carter seine Sympathie dafür erkennen, dass sich künftig auch die Nato an den Einsätzen gegen den IS beteiligen soll, zum Beispiel mit den Awacs Aufklärungsflugzeugen. Frau von der Leyen werde dazu keine Fragen beantworten, hieß es aus dem Stab der Verteidigungsministerin im unmittelbaren Vorfeld der improvisierten Stellungnahme, schließlich sei das Treffen in Stuttgart kein Nato-Treffen gewesen.

Im Sommer wird in Washington verhandelt

Neben Carter und von der Leyen waren die Verteidigungsminister aus Kanada, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Neuseeland, Norwegen, Spanien und Großbritannien gekommen, dazu der australische Botschafter in Berlin. Zum dritten mal habe man sich seit Jahresbeginn in dieser Zusammensetzung ausgetauscht, sagte von der Leyen, und betonte wie Ashton Carter wie wichtig die persönlichen Gespräche seien. Im Sommer will der Pentagon-Chef die Mitglieder der Anti-Terrorkoalition zu vertieften Gesprächen nach Washington einladen.

Das deutsche und das amerikanische Fazit der mehrere Stunden andauernden Gespräche in Stuttgart fiel denn zwar nicht unterschiedlich aus – wohl aber mit deutlich verschiedenen Schwerpunkten. Bei Ashton Carters Interpretation der Ergebnisse stand das militärische Moment im Mittelpunkt. Training, Munition, Spezialkräfte und Logistik wünscht sich der US-Minister von den Verbündeten.

Deutschland will die Versöhnung vorantreiben

Carter erklärte, dass sein Land inzwischen auch die schweren Kampfhubschrauber vom Typ Apache im Irak im Einsatz hätten und dass die kurdischen Peschmergas eine Finanzhilfe in Höhe von 415 Millionen Dollar bekommen . Er erklärte, dass ein neuer Versuch unternommen werden soll, Sicherheitskräfte im Irak aufzubauen und wie wichtig künftig die militärische Zusammenarbeit mit lokalen Verbündeten in Syrien sei.

Ursula von der Leyen verwies darauf, dass ein breiter „nicht nur militärischer“ Ansatz diskutiert worden sei. Wichtig sei es, in den Gebieten, die der Kontrolle des IS wieder entrissen wurden, „die Versöhnung der Menschen“ voranzutreiben. Natürlich werde die gute und erfolgreiche Ausbildung lokaler Bodentruppen weitergeführt, zusätzlich ginge es aber darum, „wiedergewonnene Gebiete zu stabilisieren“. Zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten werde sich Deutschland in diesem Punkt künftig besonders stark engagieren.

Auf die Frage, ob deutsche Jagdflugzeuge demnächst im Kampf gegen den IS zum Einsatz kommen sagte von der Leyen: „Nicht jeder kann und soll alles machen. Wir sollten uns auf die Gebiete konzentrieren, auf denen wir gut sind“.