Die türkische Regierung verteidigt den Abschuss des russischen Militärflugzeugs im Grenzgebiet zu Syrien. Beide Seiten schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Die Piloten werden offenbar noch von Rebellen gefangen gehalten.

Ankara - Mit dem Abschuss eines russischen Militärflugzeugs durch türkische Kampfjets hat sich der Syrienkonflikt gefährlich verschärft. Erstmals kamen zwei ausländische Mächte wegen Syrien in direkte militärische Konfrontation. Die Regierung in Ankara beantragte ein Sondertreffen der Nato. Die russische Regierung sprach von einem „sehr ernsten Zwischenfall“. Außenminister Sergej Lawrow sagte eine geplante Reise in die Türkei ab. Er hatte für Mittwoch Gespräche mit seinem türkischem Amtskollegen geplant.

 

Der Abschuss des Abfangjägers vom Typ SU-24 könnte zu neuen Spannungen im schwierigen Verhältnis des Westens zum Kreml führen. Russland hat wegen seines Militärengagements, aber auch als Mitglied des UN-Sicherheitsrates eine Schlüsselrolle bei einer Lösung des Syrienkonflikts.

Jeder hat seine eigene Sicht der Vorgänge

Über den Hergang gibt es unterschiedliche Darstellungen. Nach einer Erklärung des türkischen Generalstabs wurde das Kampfflugzeug von zwei F-16-Jets der türkischen Luftwaffe am Dienstagmorgen abgeschossen, nachdem es die Grenze zur Türkei überflogen habe. Das russische Flugzeug habe sich fünf Minuten lang im türkischen Luftraum aufgehalten und nicht abgedreht, obwohl es zehn Mal gewarnt worden sei. Der Generalstab veröffentlichte Radaraufzeichnungen, aus denen hervorzugehen scheint, dass der russische Jet über Syrien kreiste und dann bei der Provinz Hatay in den türkischen Luftraum eindrang.

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bekräftigte, seine Regierung behalte sich bei Grenzverletzungen jede notwendige Maßnahme vor. Dagegen erklärte das russische Verteidigungsministerium, das Militärflugzeug, das in einer Höhe von 6000 Metern flog, sei zu keinem Zeitpunkt in den türkischen Luftraum eingedrungen. Das hätten „objektive Kontrollinstrumente festgehalten“. Auch Präsident Putin unterstrich, die Maschine sei in Syrien im Einsatz gewesen und habe keine Gefahr für die Türkei dargestellt. Der Abschuss werde „ernste Konsequenzen“ für die Beziehungen zu Ankara haben. „Wir verstehen, dass jeder seine eigenen Interessen hat, aber wir werden derartige Verbrechen nicht erlauben“, sagte Putin am Rande eines Treffens mit dem jordanischen König Abdullah in Sotschi. Der Präsident sprach von einem „Stoß in den Rücken, der Russland bei unserem Kampf gegen die Terroristen von deren Handlangern zugefügt wurde“.