Die veraltete oder gar fehlende Technik am Ulmer Hauptbahnhof empört nun auch die Rathaus-SPD. Die Fraktion hat an Bahnchef Rüdiger Grube geschrieben und erinnert ihn in dem Brief an seine Vereinbarung mit dem Ulmer OB Ivo Gönner.

Ulm - Lange ist es her, dass der Hauptbahnhof Ulm eine Visitenkarte für die Stadt gewesen ist. Zuletzt im Jahr 2000 gab es neue gläserne Bahnsteigüberdachungen, von 1986 stammen Handgepäck-Förderbänder an einigen Treppen des Bahnsteigtunnels. Das galt damals als sehr modern, ebenso wie die 1970 eröffnete Fußgängerunterführung, die den Bahnhofsvorplatz mit der Fußgängerzone verbindet. Seit Monaten liegt die Unterführung verwaist im Dämmerlicht, die Einzelhandelsgeschäfte sind in Erwartung eines neuen, besseren Bahnhofs längst von der Stadt gekündigt worden und ausgezogen.

 

Investitionen in die Technik scheint es nur im Notfall zu geben

Der Hauptbahnhof ein bröckelndes Konstrukt von gestern, während die Zukunft noch lange auf sich warten lässt – in diesem Zustand ähnelt die Ulmer Verkehrsdrehscheibe immer mehr ihrem Stuttgarter Pendant. Investitionen in die aktuelle Technik scheint der Hausherr, die Deutsche Bahn, nur noch im äußersten Notfall vorzunehmen.

Die SPD-Fraktion im Ulmer Stadtrat hat jetzt bei Bahn-Chef Rüdiger Grube Alarm geschlagen. Es gebe „kaum einen Bahnhof in der Republik von der Bedeutung Ulms, der einen solchen Sanierungsstau aufweist“, schreiben die Fraktionsmitglieder in einem Brief, der mit einer ganzen Reihe von Beweisfotos versehen ist. Die Situation „verärgert Bürger zunehmend“.

Tatsächlich: Wer an einem Montagmorgen in Ulm mit dem Zug ankommt, erlebt Gedränge vor engen Treppenabgängen und in einer völlig unterdimensionierten Wartehalle. Gerade ältere oder behinderte Reisende brauchen viel Glück, um einen Sitzplatz zu ergattern. Rollstuhlfahrer müssen auf dem Weg zu den Bahngleisen einen weiten Umweg durch eine Unterführung nehmen, dabei rund 80 Meter lange Rampen überwinden. Aufzüge fehlen. Die einst gerühmten, bald 30 Jahre alten Gepäckförderbänder stehen immer wieder still. Und draußen vor der Tür: Parkchaos.

Die SPD erinnert Bahnchef Grube an sein Versprechen

Die SPD-Kommunalpolitiker um die Fraktionsvorsitzende Dorothee Kühne fordern Rüdiger Grube nun auf, die Gepäckbänder endlich gründlich reparieren zu lassen. Vor allem erinnern sie den Bahn-Chef an dessen Vereinbarung vom Beginn des Jahres mit dem Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD), wonach zwischen einem 2011 gebauten, knapp zehn Millionen Euro teuren Schienensteg und den Bahnsteigen behindertengerechte Zugänge gebaut werden sollen. Bald ein Jahr nach Unterzeichnung der Vereinbarung sei immer noch nichts passiert, monieren die Ulmer Genossen. Der neue Bahnsteg immerhin verfügt über Aufzüge.

Die Pläne für den zukunftsweisenden „Citybahnhof“ im Zuge des S 21-Ausbaus sind längst fertig, ihre Umsetzung wird aber noch lange auf sich warten lassen. Nicht nur ein neues Bahnhofsgebäude mit einer zweistöckigen Wartehalle und modernisierten Bahnsteigen ist geplant. Auch der Vorplatz wird neu gestaltet. Eine Parkgarage wird 500 Autostellplätze bieten. Die Unterführung zur Innenstadt wird verbreitert. Auch ein neues Dienstleistungszentrum steht in den Plänen. Als Baubeginn für all das wird im offiziellen Rahmenzeitplan das Datum „ab 2019“ genannt.

Ein Bahnsprecher sagt, behindertengerechte Aufzüge würden zuerst gebaut

Ein Sprecher der Bahn macht Hoffnung, dass schon vorher investiert wird. Sobald das Eisenbahnbundesamt den Planfeststellungsbeschluss für den Ulmer Citybahnhof verabschiedet habe, würden zuallererst behindertengerechte Aufzüge gebaut. Bis Mitte 2015 sollten die Genehmigungen vorliegen. „Die Finanzierung ist definitiv gesichert“, sagt der Sprecher. Man gehe davon aus, „dass spätestens 2018 die Aufzuganlage fertiggestellt ist“. Die Vereinbarung zwischen Rüdiger Grube und dem Ulmer OB Ivo Gönner werde somit eingehalten.

Womöglich werden so in drei Jahren auch die lästigen Gepäckbänder obsolet. Die Ersatzteilbeschaffung dauere mittlerweile bis zu sechs Wochen, sagt der Bahnsprecher. Auf der anderen Seite gebe es immer mehr Vandalismusschäden. Allein seit Jahresbeginn seien die Kofferbänder 20 Mal mutwillig beschädigt worden. Kosten für die Bahn: rund 15 000 Euro.

Die Kapazität des Ulmer Bahnhofs

Täglich nutzen rund 30 000 Reisende den Ulmer Hauptbahnhof. Im Durchschnitt wird er von 335 Zügen durchfahren, davon sind 75 Fernverkehrs- und Regionalzüge. Der Verkehrsknotenpunkt verfügt über zwölf Bahnsteiggleise. Wenn die ICE-Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm fertig ist, wollen auch die Ulmer mit einem neuen Bahnhof glänzen. Unter anderem soll sich dann die Bahnhofshalle über zwei Etagen erstrecken, auch Aufzüge wird es endlich geben. Ende 2010 hat die Stadt vorsorglich das Intercity-Hotel am Hauptbahnhof gekauft. Kein Privater soll bei der Umgestaltung des Bahnhofs Probleme machen können. Die Mieter der unterirdischen Passage zur Innenstadt sind gekündigt worden.