In Paris ein Held, in Berlin ein Narr – zum Tode von Karl Lagerfeld.

Bauen/Wohnen: Tomo Pavlovic (pav)

Stuttgart - Karl Lagerfeld ist tot. Diese Meldung kommt so einfach, existenzialistisch und streng geschnitten daher wie ein Kleid von Coco Chanel, das Kleine Schwarze, das berühmteste Kleid der Modegeschichte. Die größte Leistung des Hamburger Großbürgersohns, der mit 85 Jahren in Paris gestorben ist, war es, mit Chanels Erbe so respektlos umzugehen, dass es wieder lebendig wurde und seine modische Relevanz behielt. Lagerfelds Wechsel zum Pariser Traditionshaus 1983 war wegweisend für die ganze Branche.

 

Feminin und feministisch

Seine Entwürfe waren oft revolutionär und durchgeknallt, aber auch feminin und feministisch zugleich. Er lieferte den schönen Stoff für die überlebenstüchtige, emanzipierte Frau von heute. Lagerfeld war zudem einer der letzten Meister seines Fachs, ein Schneider, der in Schnittmustern träumte, seine Näherinnen und viele Frauen bewunderten ihn zurecht dafür. Die Modewelt trägt Tiefschwarz.

Heidi Klum, mehr nicht

Doch in seiner Heimat Deutschland wird sich die Trauer wohl in Grenzen halten. Der König der Haute Couture wurde zuletzt in der hiesigen Öffentlichkeit verhöhnt. Was von Lagerfeld in Erinnerung bleiben wird? Ein paar dämliche Zitate, die man einfach nicht mehr hören will, etwa jenes über die Jogginghosenträger mit Kontrollverlust. Dazu ein paar Äußerlichkeiten: die Sonnenbrille, sein Lispeln. Er war für viele kaum mehr als eine bizarre Karikatur. Ein Fall für die Satire-Abteilung. Bei Mode denkt man in diesem Land zuerst an Heidi Klum, dann an etwas Tragbares, Günstiges. Viel Feind, viel Ehr, heißt es richtig. Lagerfeld teilt sich das Schicksal mit anderen verkannten Berühmtheiten, die in Paris verehrt und zu Hause beschimpft wurden: Marlene Dietrich oder auch Romy Schneider. Das ist noch trauriger als die Nachricht vom Tode Lagerfelds.