Prüfer, die zum Jagen getragen werden müssen: In der Amtszeit von Max Munding hat das Ansehen des Rechnungshofs gelitten. Sein Nachfolger Günther Benz hat ein ganz ähnliches Profil wie er.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Eigentlich wäre diesmal eine Frau dran gewesen. Noch nie stand eine Präsidentin an der Spitze des Landesrechnungshofes, zu mehr als zur Stellvertreterin reichte es nicht. Doch die CDU, die sich in der grün-schwarzen Koalition das Vorschlagsrecht für die Nachfolge von Max Munding (CDU) gesichert hatte, ließ die Gelegenheit ungenutzt. Wieder soll ein Mann Chef der Karlsruher Kontrollbehörde werden, wieder wie Munding ein langjähriger Regierungsbeamter: Günther Benz (60), Jurist und Ministerialdirektor, derzeit im Bundesbildungsministerium, davor auf verschiedenen Stationen im landespolitischen Apparat. Am Dienstag segnete das Kabinett die Personalie ab, diesen Donnerstag soll der Landtag folgen.

 

Dabei hätte es an geeigneten CDU-Frauen nicht gemangelt. Vor allem zwei Namen waren in den vergangenen Jahren, da Munding (68) seinen Ruhestand ein ums andere Mal hinausschob, gehandelt worden: Gisela Meister-Scheufelen, vielfältig einsetzbare Ex-Abgeordnete und Ex-Spitzenbeamtin, und Hilaria Dette, seit langem profilierte Direktorin beim Rechnungshof. Doch beide Juristinnen hatten ein Handicap. Bei Meister-Scheufelen war es ihr letzter Einsatz als Kanzlerin der Dualen Hochschule, deren Finanzkrise vor allem ihr angelastet wurde. Dette war in Teilen der CDU in Ungnade gefallen wegen ihres Engagements bei der Aufarbeitung des EnBW-Deals von Stefan Mappus.

Beim EnBW-Deal zum Jagen getragen

Zunächst hatte Munding erfolgreich verhindert, dass sich der Rechnungshof überhaupt mit dem Milliardengeschäft befasste; der einzige von der SPD entsandte Chefprüfer drang vergeblich darauf. Als die grün-rote Koalition das mit einer Art Arbeitsauftrag erzwang, nahm die zuständige Chefprüferin Dette diesen überaus ernst – und rettete spät die Ehre der Kontrollbehörde. Nicht nur beim EnBW-Deal blieb freilich der Eindruck, die Finanzaufseher müssten zum Jagen getragen werden. Auch an den milliardenschweren Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn, zum Beispiel, gingen sie nur zögernd heran. Den Rollenwechsel vom Regierungsbeamten zum unabhängigen Kontrolleur, monierten Kritiker, habe Munding nie ganz verinnerlicht. Zeitweise wurde auf den Landtagsfluren erörtert, wie man ihn vorzeitig ablösen könnte. Doch der umfassend gebildete Jurist, fraglos ein exzellenter Kenner der Verwaltung, kannte seine Rechte: Er pochte auf seine richterliche Unabhängigkeit und machte auch nach seinem 65. Geburtstag so lange weiter wie irgend möglich.

Sein Abschied wäre nun eine Gelegenheit, das angekratzte Ansehen des Rechnungshofs wieder aufzupolieren. Doch der Nachfolger Benz, sagen Weggefährten, habe ein ganz ähnliches Profil wie Munding. Wie dieser kenne er die Verwaltung aus vielen Perspektiven, als „hoch erfahrenen … Fachmann für Finanz- und Haushaltsfragen“ lobte ihn der Ministerpräsident. Aber wird es Benz gelingen, sich von seiner Rolle als langjähriger Helfer von CDU-Regierenden zu emanzipieren? Zumindest in der Vergangenheit ist der 60-Jährige nicht durch eigenständige Positionen oder gar Widerborstigkeit aufgefallen. Beim Polizeieinsatz 2011 im Schlossgarten etwa war er Amtschef des Innenministeriums unter Heribert Rech (CDU). Während der ihm unterstellte Landespolizeipräsident vor Risiken warnte und auf eine Verschiebung drang, kümmerte sich Benz um Verstärkung durch Polizeikräfte aus anderen Bundesländern. Man habe genug Leute, hieß es schließlich – was sich als folgenschwere Fehleinschätzung erwies. Benz sei fest in jene Seilschaften eingebunden gewesen, die letztlich für den Machtverlust der CDU im Jahr 2011 verantwortlich seien, analysiert ein erfahrener CDU-Stratege.

Anschlussjob im Staatsministerium

Nach dem Regierungswechsel wurde der Spitzenbeamte gleichwohl nicht wie seine Kollegen in den einstweiligen Ruhestand geschickt, sondern fand Verwendung in dem von den Grünen eroberten Staatsministerium: Der neuen Staatsrätin für Bürgerbeteiligung, Gisela Erler, diente er als Leiter der Stabsstelle. Gerade in der Anfangsphase sei seine „breite Erfahrung“ sehr hilfreich gewesen, sagt ein Regierungssprecher heute. Sein B-9-Salär (Grundgehalt: etwa 11 000 Euro) behielt Benz, obwohl derlei Stellen sonst weitaus niedriger dotiert sind; nach dem Besoldungsrecht, wird erläutert, gebe es keine Verschlechterung. Der Anschlussjob für einige Monate war für ihn offenbar auch deshalb wichtig, um nach der allzu kurzen Zeit als Amtschef die B-9-Pension zu sichern. Später beim Bund landete er dann wieder auf einer „richtigen“ B-9-Stelle. Bei dieser Vorgeschichte, meint der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, könne Benz ein „Glaubwürdigkeitsproblem“ bekommen, wenn er zum Sparen aufrufe; er verzichte besser auf die damals entstanden Pensionsansprüche. Die Frage, wie begeistert die Grünen vom Personalvorschlag der CDU seien, ließ Ministerpräsident Kretschmann dieser Tage übrigens unbeantwortet.