Das Verwaltungsgericht erlaubt weitere Rodungen für die Hesse-Bahn – falls keine Biotope betroffen sind.

Karlsruhe - Ein klares „Sowohl-als-auch“-Urteil hat die 8. Kammer des Karlsruher Verwaltungsgerichtes am Donnerstag gefällt. Denn teilweise darf der Landkreis Calw die Baumfällarbeiten jetzt fortsetzen, teilweise aber eben auch nicht.

 

Die Gleisabschnitte für die geplante Hesse-Bahn, in denen die Rodungsarbeiten weiterhin untersagt bleiben, sind in dem Urteilsspruch des Verwaltungsgerichtes genau aufgelistet. Ferner wird untersagt, „die entlang der Bahnstrecke Calw-Weil der Stadt gelegenen Fledermaushöhlenbäume zu fällen“, heißt es in dem Urteil. „Entlang der Bahnkilometer, die Biotope betreffen, sind keine Rodungen erlaubt“, erklärt Nancy Kapell, die Pressesprecherin des Karlsruher Verwaltungsgerichtes.

Der Nabu fühlt sich bestätigt

Dort geklagt hatte der Naturschutzbund (Nabu) Deutschland. „Wir haben den Eilantrag eingereicht, um weitere irreparable Schäden in der Natur zu verhindern. Das ist uns jetzt im ersten Schritt gelungen“, sagt Johannes Enssle, der Nabu-Landesvorsitzende. Auch wenn der Nabu mit dem Urteil nicht vollständig Recht bekommen hat, fühlt sich Johannes Enssle dennoch bestätigt. „Die Teilabschnitte, in denen die Rodungen jetzt erlaubt sind, sind für den Naturschutz unkritisch“, erklärt er.

Anlass für den Nabu-Eilantrag waren vier Klagen beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) gegen den Tunnel-Neubau bei Ostelsheim, der für die Hermann-Hesse-Bahn notwendig ist. Solange hier kein Urteil vorliege, dürfe der Landkreis Calw mit seinen Rodungsarbeiten keine Fakten schaffen, hatte der Nabu erklärt und den Eilantrag in Karlsruhe eingereicht.

„Das Gericht hat bestätigt: Solange nicht klar ist, ob die Rodungsmaßnahmen entlang der Bahnstrecke mit dem Biotop- und Artenschutz vereinbar oder von den zuständigen Behörden genehmigt sind, darf die Natur vor Ort nicht weiter geschädigt werden“, erläutert der Nabu-Landesvorsitzende Enssle.

Wann das Urteil aus Mannheim vorliegen wird, kann niemand sagen. Johannes Enssle rechnet aber damit, dass das frühestens im Mai 2017 der Fall sein wird. So lange darf das Landratsamt Calw jetzt also an den sensiblen Stellen nicht weiterarbeiten. Inwiefern dieses Urteil das Gesamtprojekt Hermann-Hesse-Bahn verzögern wird, konnte man beim Calwer Landratsamt am Donnerstag noch nicht genau sagen. „Das müssen wir jetzt prüfen“, teilt Anja Härtel, die Pressesprecherin, mit. „Voraussichtlich“ gebe es keine Auswirkungen auf das Gesamtprojekt.

Die Abläufe beim Bau der Bahn verschieben sich

„Es wird aber zu internen Verschiebungen der Abläufe kommen“, sagt sie. Zum Beispiel konzentrieren sich die Planer im Landratsamt jetzt auf die Brücke in Calw-Heumaden. „Da können wir ja weitermachen, deshalb setzen wir dort im Frühjahr den Spatenstich für die Brücke“, sagt Anja Härtel.

Derweil setzt der Nabu auch unter seinem neuen, Ende November gewählten Vorsitzenden Johannes Enssle seinen Konfrontationskurs gegen die Hesse-Bahn fort. „Landrat Riegger möchte mit dem Kopf durch die Wand“, formuliert der 34-Jährige seinen Eindruck von dem Vorhaben. „Unsere Vorschläge wurden nie ernsthaft geprüft.“ Damit meint er etwa den Vorstoß, mit der Hesse-Bahn mit nur 30 Stundenkilometern durch die alten Tunnel zu fahren, um Kollisionen mit den dortigen Fledermäusen zu verhindern. „Ich bin begeisterter Bahnfahrer“, stimmt Johannes Enssle aber auch versöhnlichere Töne an. „Ich würde gerne mit dem Zug auch nach Calw fahren.“ Aber das dürfe eben nicht auf dem Rücken des Naturschutzes geschehen.