Esslingen muss im Ringen um das  wichtigste Baugebiet der Stadt, dem Karstadt-Areal,  wieder in die Vorhand kommen, meint Autor Johannes M. Fischer. 

Ein Filet ist ein besonderes Stück Fleisch oder Fisch, und im übertragenen Sinne kann es auch ein besonderes Grundstück sein. Das Karstadtareal  ist DAS Filetstück schlechthin in der Stadt, weil es noch unbebaut ist und alle Möglichkeiten bietet. Besser gesagt: bot. 

 

Denn wichtige Entscheidungen sind bereits gefallen –  unter einem künstlichen Zugzwang, der nicht nötig war, und unter Voraussetzungen, die nun nicht mehr da sind.  So wurde vom Gemeinderat 2021 ein umstrittener Bebauungsplan  genehmigt, der so pragmatisch daherkommt, dass jegliche städtebauliche Ästhetik aus ihm verschwunden ist. Das alles mitten in einer Stadt, die aufgrund ihrer mittelalterlichen Substanz außerordentlichen Wert auf ihre Schönheit legt. Es ist ein bisschen wie mit der Sünde: Die Folgen machen sich erst im Jenseits bemerkbar. Für das Esslinger Filetstück hat dieses Jenseits jetzt begonnen. Das Karstadt-Areal steht vor dem Jüngsten Gericht.

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Die Stadt muss jetzt handeln 

Intern ist der Zwist zwischen Investor und Kaufhaus schon seit Monaten bekannt – leider unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nun muss die Stadt zuschauen, wie sich zwei Konzerne aus anderen Städten streiten. Wenn es dumm kommt, wird Esslingen die heulende Dritte. In diese traurige Position sollte sich aber niemand freiwillig begeben. Die Verwaltung und der Gemeinderat müssen jetzt die Ärmel bis unter die Achseln hochkrempeln und – auch juristisch – ausloten, wie sie wieder in die Vorhand kommen. Dabei kann Esslingen auf eine starke Stadtgesellschaft zählen, die allerdings erst jetzt ihre Kräfte bündeln kann. 

Denn es wurde kein Alarm ausgelöst. Das Ausmaß des Desasters wird aufgrund der journalistischen Berichterstattung erst jetzt in der Öffentlichkeit  deutlich.