Der Beschluss deutscher Bischöfe, wonach homosexuelle Paare von 2026 an in der katholische Kirche gesegnet werden, stößt in Stuttgart auf breite Zustimmung. Der katholische Stadtdekan Christian Hermes spricht von einem „sehr wichtigen Zeichen“.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Vor acht Jahren ist Rolf Pfander verärgert aus der katholischen Kirche ausgetreten. Für seine standesamtlich geschlossene Partnerschaft mit dem damaligen Bundestagsabgeordneten und CDU-Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann wünschte er sich die Segnung in einem katholischen Gottesdienst. Die beiden Männer hatten einen katholischen Pfarrer gefunden, der dazu bereit war – doch dieser wurde vom Rottenburger Bischof Gebhard Fürst zurückgepfiffen. Pfander wechselte daraufhin zur altkatholischen Glaubensgemeinschaft, die sich vor über 150 Jahren von Rom losgesagt hat.

 

„Dieser Schritt ist längst überfällig“

Im Mai 2015 segnete Joachim Pfützner, Pfarrer der Alt-Katholiken, Pfander und seinen Mann Kaufmann in der Kirche des Alten Schlosses. Der Appell der Festgesellschaft richtete sich damals an den Vatikan, Schwule nicht auszugrenzen. Dass deutsche Bischöfe am Freitag dem Beschluss der Synodalversammlung zur Reform der katholischen Kirche zugestimmt haben, wonach von März 2026 an schwule Paare den Segen empfangen können, ist für Rolf Pfander „längst überfällig“. Dennoch denkt er vorerst nicht daran, die Glaubensgemeinschaft der Altkatholiken, die ihm damals geholfen hat, zu verlassen und zur katholischen Kirche zurückzukehren. Was Rolf Pfander nicht verstehen kann, „dass Segnungen nicht ab sofort möglich sind, sondern erst in drei Jahren“.

Sein Ehemann Stefan Kaufmann freut sich über „ein tolles Signal“, das am Freitag in der Abstimmung 81 Prozent der Bischöfe ausgesendet habe. „Dafür haben wir jahrelang gekämpft“, sagt er. Der frühere CDU-Kreischef hofft, dass der Vatikan nicht noch „einen Strich durch die Rechnung“ mache.

Stadtdekan Hermes schlägt vor: Bischöfe sollten gemeinsam nach Rom fahren!

Der katholische Stadtdekan Christian Hermes appelliert an die deutschen Bischöfe, jetzt mehr zu tun, „als Papiere zu beschließen“. Sie sollten gemeinsam nach Rom fahren, um den Vatikan für die in Deutschland mit großer Mehrheit beschlossenen Segnungen homosexueller Paare zu überzeugen und zu unterstreichen, dass von dieser Frage wesentlich auch die „Glaubwürdigkeit der Kirche“ abhänge, sagt er auf Anfrage unserer Redaktion. Viele Gläubigen seien „mit ihrer Geduld am Ende“.

Für Hermes ist es ein „sehr wichtiges Zeichen“, dass 81 Prozent der deutschen Bischöfe die Not und Notwendigkeit sehen, Paaren, die nicht eine kirchliche Ehe schließen können, den Segen Gottes zuzusprechen. „Damit wird anerkannt, dass auch in anderen Partnerschaften wesentliche menschliche Werte und Güter gelebt und verwirklicht werden, die dem Evangelium und der christlichen Ethik entsprechen“, betont der Stadtdekan.

„Segnungen, die bereits stattfinden, werden aus der Grauzone herausgeholt“

Die Segnung werde keine Eheschließung sein, sondern achte, schätze und bekräftige „das Gute, das in anderen Formen von Beziehung gelebt wird“. Der Beschluss vom Freitag bedeute nicht, betont Hermes, „dass ab sofort oder zu einem definierten Zeitpunkt Segnungen offiziell angeboten werden, aber, dass man sich gemeinsam auf einen verbindlichen Weg macht und, dass die Segnungen, die ja schon stattfinden, endlich aus der Grauzone herausgeholt werden“.

In den nächsten drei Jahren, so ist am Freitag in der katholischen Kirche in Deutschland beschlossen worden, soll „eine Handreichung für Segensfeiern für verschiedene Paarkonstellationen“ erarbeitet werden. Seelsorgern, die eine solche Segensfeier durchführen, dürften keine disziplinarischen Konsequenzen mehr drohen, darin war sich die Mehrheit ein. Für alle interessierten Paare solle es zur Vorbereitung Gespräche mit Seelsorgenden und gegebenenfalls Seminare geben. Das Papier mit dem Titel „Segensfeiern für Paare, die sich lieben“ unterstreicht, eine Weigerung, die Beziehung zweier Menschen zu segnen, „die ihre Partnerschaft in Liebe, Verbindlichkeit und Verantwortung zueinander und zu Gott leben wollen“ sei unbarmherzig bis diskriminierend.

Die Reaktion des Stuttgarter CSD zum Beschluss der Bischöfe

Dass sich die katholische Kirche zumindest in Deutschland endlich bewegt, begrüßt Detlef Raasch, der Sprecher des CSD Stuttgart, ausdrücklich. „Wir haben lange genug darauf gewartet“, sagt er. Das Ziel habe man aber noch bei weitem nicht erreicht. Eine Hochzeit queerer Paare wird in der katholischen Kirche weiterhin nicht möglich sein, lediglich die Segnung soll kommen. Jetzt gehe es darum, „Doppelmoral in der Kirche“ zu beenden, fordert Raasch.