Treppe wischen, Laub wegfegen: Wer die Kehrwoche nicht ordentlich absolviert, bekommt schnell Ärger mit den Nachbarn. Diese Regeln sind überliefert. 

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Wer neu nach Stuttgart zieht, wird früher oder später mit einer schwäbischen Tradition - der Kehrwoche - in Berührung kommen. Da die Kehrwoche im jeweiligen Mietvertrag geregelt ist, gibt es von Haus zu Haus Unterschiede.

 

Sehen Sie hier: Stuttgarts beste Kehrwochenschilder 

Diese Regeln gelten

In der Regel wird zwischen der kleinen und der großen Kehrwoche unterschieden: Bei der kleinen Kehrwoche muss der Bewohner üblicherweise den Flurbereich vor seiner Wohnungseingangstüre und den zum nächsten Stockwerk hinunterführenden Treppenabschnitt im wöchentlichen Wechsel mit den anderen Etagennachbarn säubern.

Bei der großen Kehrwoche reinigen alle Bewohner des Hauses im wöchentlichen Wechsel Kellertreppe- und Flur, Hauseingang, den Gehweg des Hauses und Gemeinschaftsräume. All das ist natürlich kein Problem für den Schwaben, dem nachgesagt wird, sogar Mülltonnen innen auszuwischen.

Es kursiert auch die Regel, dass bei allen Monaten, in denen ein R vorkommt (Januar, Februar, März, September, Oktober, Dezember), die Kehrwoche noch wichtiger sei als sonst: Klar, denn dann ist Herbst beziehungsweise Winter. Die wichtigste – ungeschriebene – Regel ist jedoch, die Kehrwochen-Pflichten möglichst an einem Samstagvormittag zu erledigen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Chance am größten, von Mitbewohnern gesehen zu werden.

Diese Utensilien werden benötigt

Für die Kehrwoche sind ein Kehrwochenschild, eine Kittelschürze, ein Putzlumpen, eine Kutterschaufel und ein -eimer sowie ein Besa unabdingbar.

 

Dieser Kehrwochen-Streit landete vor Gericht

Es ist erstaunlich: In den letzten Jahrzehnten verzeichnete das Amtsgericht Stuttgart nur eine Zivilklage zum Thema Kehrwoche. Im Jahr 2004 klagte eine Vermieterin vor dem Amtsgericht Stuttgart. Sie verlangte von ihren Mietern, einer Abänderung des Mietvertrages betreffend die Durchführung der Hausreinigung zuzustimmen. Die Klägerin vermietete damals eine Zwei-Zimmer-Wohnung an die Beklagten. Die Hausordnung sah vor, dass die Hausflure und -treppen von den jeweiligen Mietern eines Stockwerkes in wöchentlichem Wechsel zu reinigen sind. 2003 wies die Vermieterin alle Mieter des Gebäudes darauf hin, dass eine gewerbliche Firma beauftragt worden sei, fortan die Kehrwoche zu erledigen, da diese nicht ordnungsgemäß erledigt würde. Dafür hätten die Mieter monatlich zehn Euro zu zahlen.

Die Mieter aus der Zwei-Zimmer-Wohnung trugen vor Gericht vor, es sei falsch, dass sie ihren Reinigungsverpflichtungen nicht nachkämen. Sie beharrten auf ihr Recht, die Kehrwoche selbst zu erfüllen. Das Gericht urteilte, dass die Klage der Vermieterin unbegründet ist: Ohne Einverständnis der Beklagten und ohne Änderung des Mietvertrages darf den Beklagten die Pflicht und das Recht zur Hausreinigung nicht entzogen werden.