In München sind es 15 Grad Celsius und die Leute sitzen vor dem Café. Der Schnee bleibt aus und die Touristiker sind frustriert. Aber vielleicht ist der Wintersport ja eh überschätzt, meinen Kritiker.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Selbst Veteranen nahe der Pensionsgrenze im politischen Berichterstattungsgeschäft konnten sich nicht erinnern, jemals im Januar eine schmutzig-grüne Wiese vor der Tagungsstätte der CSU in Wildbad Kreuth erlebt zu haben. Zwar waren schneemäßig eher magere Jahre zuletzt die Regel gewesen, aber dann bog endlich doch noch der Ski-Langläufer Peter Ramsauer verlässlich ums Eck, von den blauen Bergen kommend und strahlend. Heuer aber: kein Ramsauer auf Brettern, nur ein muffiger Ex-Verkehrsminister drunten im Tagungsraum. Und draußen, wie gesagt, kein Fitzelchen Schnee.

 

Vom Zugspitzplateau abgesehen, wo sich noch ein bisschen was machen lässt, ist der Freistaat Bayern insgesamt mächtig betroffen von den klimatischen Verhältnissen derzeit. In München waren es am Donnerstag caféterrassentaugliche 15 Grad Celsius, und selbst wenn es in den nächsten Tagen ein wenig abkühlen sollte, wird von Weiß keine Rede sein und von Pracht schon gar nicht. Gerade so noch eben präparierte Pisten beim Biathlon in der Chiemgau-Arena Ruhpolding täuschen über die viel tristere Wirklichkeit auch dort hinweg. Eine erste Großwelle von über die Weihnachtsferien angereisten Wintersportlern hat das nicht ganz ungerührt zur Kenntnis genommen. Jetzt, wo die Laufkundschaft unterwegs ist, die nicht an feste Ferienzeiten gebunden ist stöhnen die Hoteliers über etliche Absagen. Was tun?

Wellness mehr gefragt als Skifahren?

Thomas Bausch, Professor an der Fakultät für Tourismus an der Münchner Hochschule, glaubt, dass der Freistaat eh die falschen Karten ausspielt, wenn er für den Winter im Gebirge mit einer Art von visueller Schneegarantie wirbt. Mit bis zu 35 Prozent Zuschüssen zum Beispiel war – wie die Grünen seit Jahren vorrechnen – die Staatsregierung bis Ende des vergangenen Jahres an der Errichtung von neuen Liftanlagen nach oft klassischen Mustern beteiligt. Tatsächlich suchen, so Bausch, 62 Prozent der Besucher in Bayern vor allem Entspannung und weniger Sport, Spiel und Spannung. Überhaupt drängt es lediglich ein Viertel der Touristen auf die Ski. 51 Prozent der Befragten wollen nichts als Stressvermeidung und stattdessen: Sonne, Wärme, schönes Wetter – was momentan ja im Angebot ist. Bausch redet deswegen auch Wellness im weitesten Sinne das Wort.

Skihersteller, Sportgeschäfte und Liftbetreiber sehen die Dinge freilich ein bisschen anders. Nur wenige Gemeinden nämlich sind auf diese Mild- bis Gar-nicht-Winter vorbereitet – darunter die Gebiete Ofterschwang und Bolsterlang im Nordallgäu. Dort wurden – für insgesamt 25 Millionen Euro – die alten Schlepplifte abgebaut, Komfortkabinenbahnen errichtet und Schnee bis hinunter ins Tal mit massiven Kanonenkapazitäten garantiert. Das Weihnachtsgeschäft war wegen der entstandenen Pistenwellnessverhältnisse denn auch entsprechend.