Etliche Wahlhelfer haben während ihres Einsatzes am Sonntag in Stuttgart nichts zu trinken bekommen. Kostenlos sowieso nicht, im Briefwahlzentrum in Stuttgart-Degerloch gab es ab 18 Uhr auch nichts mehr zu kaufen. Das ist ein echtes Armutszeugnis, meint unser Autor Ralf Recklies.

Filder - Hunderte Wahlhelfer sind am Sonntag für die Demokratie ehrenamtlich im Einsatz gewesen. Dass jeder von ihnen am Ende eine Wahlhelferpauschale von 66 Euro erhält, ist dabei nur recht und billig. Die Aufwandsentschädigung, gemeinhin auch als Erfrischungsgeld bezeichnet, kann, soll und darf keine Vergütung für das Öffnen von Wahlumschlägen sowie das Auszählen von Stimmen im Akkord sein. Vielmehr dient die Pauschale dazu, den Helfern für ihr Tun wenigstens eine kleine Anerkennung zuteil werden zu lassen – und mögliche Kosten für Essen und Getränke zu decken.

 

Die Stadt darf sich nicht wundern

Sicher kann man – wie die Stadt Stuttgart – den Standpunkt vertreten, dass man mit der Gewährung einer Wahlhelferpauschale seine Schuldigkeit getan und keinerlei Verantwortung mehr für das Wohlergehen der Wahlhelfer hat. Schließlich kann ja jeder Erwachsene, und nur solche sind als Wahlhelfer tätig, selbst etwas zu essen und zu trinken mitbringen. So zu denken und zu handeln, wird aber den Menschen nicht gerecht, die dafür sorgen, dass unsere Demokratie zumindest in Sachen Wahlablauf funktioniert. Es ist ein Gebot des Anstands und der Wertschätzung, dass Helfer für die Zeit ihres Einsatzes auch kostenfrei auf Getränke, vielleicht gar auf Snacks, zugreifen können. Schließlich werden auch sonst bei manch fragwürdigem Anlass auf Steuerzahlerkosten Häppchen und Getränke gereicht.

Die Stadt, die im Vorfeld von Wahlen stets händeringend nach ehrenamtlichen Helfern sucht, darf sich nicht wundern, dass die Bereitschaft, am Wohlsonntag zu helfen, zurückgeht, wenn sie die Ehrenamtlichen regelrecht auf dem Trockenen sitzen lässt. Das Fehlen von kostenfreien Getränken ist ein echtes Armutszeugnis.