Autos sind im Zuge der Krisen immer teuer und größer geworden. Doch immer weniger Kunden können sich das auch leisten. Das Kfz-Gewerbe schlägt nun Alarm.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau : Klaus Köster (kö)

Noch vor gut einem Jahr kostete der günstigste VW Golf 20 700 Euro. Heute zahlen Käuferinnen und Käufer rund die Hälfte mehr, weil er gleich durch ganz unterschiedliche Faktoren verteuert wurde. Da ist zum einen die allgemeine Teuerung von Neufahrzeugen, die auch Volkswagen vorantreibt; zum anderen ist da aber auch die Modellstrategie, wonach sich Hersteller zunehmend von geringer motorisierten und ausgestatteten Modellen verabschieden. So hat der günstigste Golf nun nicht mehr 90, sondern 130 PS.

 

Die hohen Preise, dank derer sie mitten in der Krise ihre Renditen steigern können, haben die Hersteller auf den Geschmack gebracht. Die Gewinnsprünge kamen auch dadurch zustande, dass sie die teuren und knappen Chips auf die gewinnträchtigsten und damit größten Fahrzeuge konzentriert haben. Diese Gewinne will man nun nicht mehr preisgeben. Eher senke man die Stückzahlen, als Preise und Margen wieder bröckeln zu lassen, hieß es etwa bei Mercedes.

Hohe Renditen haben die Hersteller auf den Geschmack gebracht

Das Kfz-Gewerbe hat die Aufgabe, die Preisstrategie der Hersteller und die Zahlungsfähigkeit der breiten Kundschaft miteinander zu verbinden. Nun schlägt es Alarm: Viele Hersteller richteten sich auf das Luxussegment aus und ließen zugleich eine Lücke bei Fahrzeugen entstehen, die für breite Masse erschwinglich sind. Bei Luxusautos werde es „immer eine Schicht geben, die sich alles leisten kann“, sagt Verbandspräsident Michael Ziegler. „Aber für die breite Masse fehlt das Angebot.“ Vor allem im Bereich von Fahrzeugen mit einem Neupreis zwischen 20 000 und 30 000 Euro gebe es eine deutliche Verknappung. „Unsere etablierten Hersteller haben kein Interesse, günstige E-Autos zu bauen, weil sie damit keine Rendite erwirtschaften.“

Wer wenig verdient, kann sich kaum mehr ein Auto leisten

Ziegler verwies auf Daten, wonach in Baden-Württemberg 48 Prozent der Steuerzahler ein Jahreseinkommen von unter 30 000 Euro zu versteuern haben und ein Drittel davon sogar unter 15 000 Euro. „Menschen in diesen Einkommensklassen dürfen von bezahlbarer individueller Mobilität nicht ausgeschlossen werden.“

Nicht nur die Kunden, sondern auch die Händler und Werkstätten litten unter dieser Strategie der Hersteller. Das Fehlen bezahlbarer Fahrzeuge führe bei den Händlern zu sinkenden Verkaufszahlen und bei den Werkstätten zu einer geringeren Auslastung.

In die deutsche Autoindustrie setzt das Gewerbe offensichtlich keine allzu großen Hoffnungen. Allerdings stünden die chinesischen Hersteller bereits in der Tür, um in die Lücke bei günstigen Autos hineinzustoßen. Ziegler vergleicht die Lage mit der in den 1970er Jahren. Damals hätten die Japaner auf die europäischen Märkte gedrängt und seien heute etabliert.

Chinesische Hersteller dringen die Lücke

Das Vordringen chinesischer Hersteller könnte aus Sicht des Kfz-Gewerbe auch noch bei einem anderen Thema Erleichterung bringen. Denn immer mehr Hersteller gehen beim Vertrieb zum sogenannten Agenturmodell über, bei dem die Händler nicht mehr als Verkäufer auf den Markt treten, sondern nur noch in der Rolle des Vermittlers. Ein entscheidender Unterschied aus Sicht der Kunden ist dabei, dass die Preise vom Hersteller fest vorgegeben sind und mit dem Händler nicht mehr verhandelt werden können. Damit entfällt für die Händler die Möglichkeit, durch Rabatte doch noch Kunden für sich und die Marke zu gewinnen – oder auch anderen Händlern in der gleichen Marke abspenstig zu machen. Diesen Wettbewerb innerhalb der Marke wollen die Hersteller unbedingt unterbinden.

Für die Händler selbst ist die Ausgestaltung dieser Agenturmodelle aber höchst unbefriedigend. Denn aus ihrer Gewinnspanne decken die Händler auch ihre Kosten. Die Hersteller aber versuchten, Kostenblöcke beim Handel zu belassen. Für das Gewerbe kommen die neuen Anbieter aus China da wie gerufen. Denn zumindest teilweise setzen sie auf das hergebrachte Händlermodell. So kooperiert der chinesische Hersteller Great Wall mit der Frey-Gruppe und praktiziert dabei je nach Marke sowohl das Modell des Vertragspartners als auch das der Agentur. Auch BYD ist auf der Suche nach großen Händlern.

Verkauf von E-Autos massiv eingebrochen

Schwierig für das Gewerbe ist auch die gegenwärtige Phase des allmählichen Übergangs von der Verbrenner- zur Elektrotechnologie. Die Forcierung der E-Mobilität habe ein „abruptes Ende“ gefunden, zumindest aber eine deutliche Abschwächung erfahren. Der Wegfall der Förderung für Plug-in-Hybride, die Kürzung der Förderung für batterieelektrische Autos, die niedrige Zahl von Ladesäulen und die Preisentwicklung – all diese Faktoren schlügen sich darin nieder, dass sich das überproportionale Wachstum nicht mehr so fortsetzt. Es habe zwar im Dezember noch ein Strohfeuer gegeben, weil viele die Förderung noch mitnehmen wollten, nun aber sei der Verkauf massiv eingebrochen. Das E-Auto laufe Gefahr, unter diesen Gegebenheiten „plötzlich als Verlierer dazustehen“. Dabei sei es aber dringend notwendig, um Klimaziele zu erreichen und den Kfz-Betrieben ausreichend Umsatz zu bescheren.