Bei „kicken & lesen“, einem Gemeinschaftsprojekt der Baden-Württemberg-Stiftung, des VfB Stuttgart und des SC Freiburg, trainieren die Schüler mit Profitrainern und arbeiten gleichzeitig auch an ihrer Sprache.

S-Ost - Vor ihrem ersten Probetraining wuseln die 16 Schüler der Grund- und Werkrealschule Gablenberg ganz aufgeregt durch die Turnhalle. Denn zum Auftakt des diesjährigen Projekts „kicken & lesen“ der Baden-Württemberg-Stiftung, des VfB Stuttgart und des SC Freiburg bekommen sie eine Trainingseinheit von einem echten Profi: Manuel Bierig, Cheftrainer bei der VfB-Fußballschule, zeigt den Viert- und Fünftklässlern nicht nur, wie man richtig mit dem Ball umgeht, sondern arbeitet mit den Jungen auch an ihren sprachlichen Fähigkeiten. Nach einem kurzen Aufwärmprogramm teilt Bierig die Schüler in zwei Gruppen ein und stellt Hütchen in der Turnhalle auf. Neben jedem Hütchen liegen Karten mit je einem Wort, zusammen ergeben die Wörter einen Satz. Jeder Junge darf nun mit dem Fußball bis zu den Hütchen dribbeln, eine Karte nehmen und wieder zurück dribbeln. „Dann legt ihr die Karten in die richtige Reihenfolge, sodass sich ein sinnvoller Satz ergibt“, erklärt Bierig. „Die Gruppe, die schneller fertig ist, hat gewonnen.“

 

Jungen lesen weniger als Mädchen

Mit der Initiative „kicken & lesen“, die es bereits seit 2007 gibt, will die Baden-Württemberg-Stiftung in Kooperation mit dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg fußballbegeisterte Jungen zum Lesen motivieren. Mädchen, so heißt es seitens der Baden-Württemberg-Stiftung, seien generell interessierter am Lesen und griffen auch von sich aus gerne zu einem Buch. Daher habe man sich mit dem Projekt auf Jungen im Alter von acht bis 14 Jahren fokussiert. „Bei kicken & lesen haben wir Jungen im Blick, die zu Hause keine vollen Bücherregale und aktuellen Tageszeitungen haben und denen nicht selbstverständlich vorgelesen wird“, erklärt Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg-Stiftung. „Die starke Nachfrage nach dem Programm und der Spaß der jungen Kicker bei den unterschiedlichen Sport- und Leseeinheiten zeigen, dass wir mit dem Programm einen Nerv getroffen haben.“ An insgesamt zwölf Standorten in Baden-Württemberg wird in diesem Jahr trainiert und gelesen. Die einzelnen Projekte, die die Schulen vor Ort selbst gestalten können, werden mit bis zu 4000 Euro unterstützt. Außerdem dürfen die teilnehmenden Schüler den VfB Stuttgart und den SC Freiburg besuchen und werden bei einem Sommer-Camp bei den Vereinen von echten Profis trainiert. Stadionrundgänge und Redaktionsbesuche beim Medienpartner Stuttgarter Nachrichten stehen ebenfalls auf dem Programm. Und zum Abschluss im Oktober werden die Jungen mit einer Urkunde im Stadion für ihr Engagement ausgezeichnet.

Fußballcamp, Stadtionrundgang, Redaktionsbesuch

Die Grund- und Werkrealschule Gablenberg ist in diesem Jahr schon zum zweiten Mal bei „kicken & lesen“ mit dabei. Letztes Jahr durften Schüler der fünften und sechsten Klassen beim etwas anderen Fußballtraining mitmachen, dieses Jahr sind die Viert- und Fünftklässler an der Reihe. Von März bis Juli bekommen die 16 Schüler einmal pro Woche nachmittags ein anderthalbstündiges Fußball- und Lesetraining, besuchen die Stadtteilbücherei und besprechen Fußballzeitschriften. Außerdem erstellen sie Steckbriefe berühmter Fußballer und gestalten Plakate über die Mannschaften.

Der Sportlehrer der Grund- und Werkrealschule Gablenberg, Patrick Apel, der das Training der Jungen gemeinsam mit die Deutschlehrerin Sylvia Dühnen und drei weiteren Kollegen übernehmen wird, ist zuversichtlich, dass das Projekt den Kindern auch etwas bringt. „Die Schüler, die letztes Jahr dabei waren, lesen jetzt flüssiger und verstehen Texte besser“, sagt Apel. „Und ein paar dieser Schüler werden dieses Jahr auch als Vorlesepaten beim Projekt dabei sein.“

Auch die Schüler freuen sich schon sehr auf das kicken & lesen-Programm in den nächsten Monaten. Der zehnjährige Edgar ist vor allem auf das Sommercamp beim VfB und den Stadionbesuch gespannt. Aber auch das Lesen sei ihm wichtig, meint er. „Für die Zukunft braucht man das.“ Der 13-jährige Baraa ist erst vor drei Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen. Er will nicht nur sein fußballerisches Können, sondern auch seine Sprachkenntnisse und Lesefertigkeiten verbessern. „Das Sprechen klappt schon gut“, sagt er, „aber das Lesen fällt mir manchmal noch schwer“. Der zwölfjährige David will später mal Fußballprofi werden, sein großes Vorbild ist Neymar. „Aber auch als Fußballer muss man gut lesen können“, erklärt er. „Man muss ja auch verstehen, was in den Verträgen steht.“