Ausflüchte wären ohnehin ziemlich sinnlos: Deshalb zählt auch für den neuen Trainer der Stuttgarter Kickers nur der Aufstieg in die Fußball-Regionalliga. Wie Tobias Flitsch die Chancen und Risiken einschätzt, erklärt der 38-Jährige im Interview.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - An diesem Mittwoch (14 Uhr) geht’s im ADM-Sportpark mit der Vorbereitung auf die kommende Saison in der Fußball-Oberliga los: Tobias Flitsch, der neue Trainer der Stuttgarter Kickers, bittet zum ersten Training. Schon am Samstag (14 Uhr) steht im Rahmen der Saisoneröffnung auf dem Vereinsgelände der Blauen ein Testspiel gegen Zweitligist FC Ingolstadt auf dem Programm. Die Punktspielrunde beginnt am 11./12. August.

 
Herr Flitsch, gehen Sie gut erholt ans Werk bei den Kickers?
Ja, der Akku ist aufgeladen. Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe.
Sich mit einem Titel aus der Saison zu verabschieden, tat bestimmt gut.
Ja, klar. Es gibt Schlimmeres, als nach dem Regionalliga-Klassenverbleib mit den SSV Ulm 1846 auch noch den WFV-Pokal zu gewinnen.
Und wie fühlt man sich jetzt, den „FC Bayern der Oberliga“ zu trainieren?
(Lacht). Das kann ich noch nicht beurteilen. Als „FC Bayern der Oberliga“ bezeichnen im Übrigen nicht wir uns, sondern so werden wir von Teilen der Konkurrenz genannt.
Zurecht. Die Blauen haben den höchsten Etat und sind der absolute Topfavorit.
Gegen die Rolle des Gejagten werden wir uns sicher nicht wehren können.
Der sofortige Wiederaufstieg ist also das klare Saisonziel?
Ja. Die Mannschaft hat die Qualität, den Aufstieg zu schaffen. Doch jeder der sich nur ein bisschen im Fußball auskennt, weiß doch, dass das alles andere als ein Selbstläufer wird.
Warum?
Weil die anderen Vereine ganz besonders gegen uns motiviert sein werden. Weil Teams wie zum Beispiel der SGV Freiberg und der FSV 08 Bissingen nicht nur ebenfalls Qualität besitzen, sondern eben auch eingespielt sind.
Dafür haben die Kickers viele erfahrene Spieler im Kader und trainieren im Gegensatz zu diesen Clubs unter Vollprofibedingungen.
Das stimmt. Wir haben Dienstags und Mittwochs auch Vormittagseinheiten und werden an diesen Tagen zweimal trainieren. Ich hoffe, das wird sich im Laufe der Runde auch auszahlen. Und was die erfahrenen Spieler betrifft: Ich bin froh, dass ich sie habe. Mit unseren Neuzugängen wie Patrick Auracher, Johannes Ludmann oder Sebastian Schaller haben wir auch Typen mit viel Ausstrahlung und Mentalität dazubekommen.
Worauf wird es ankommen?
Wir müssen einfach stabil sein. In der Mannschaft, im Umfeld, im Verein. Wir werden nichts geschenkt bekommen in dieser Liga. Wir brauchen Geduld, weil sich die Mannschaft gemeinsam mit dem neuen Trainerteam erst noch finden muss.
Wie lautet Ihre Fußballphilosophie?
Entscheidend ist, dass man die Situation, die man in einem Verein und in einer Mannschaft vorfindet, annimmt und gemeinsam die richtige Philosophie entwickelt. Beim 1. FC Heiningen haben wir mit vielen Flachpässen immer attraktiv nach vorne gespielt, wir standen dort nicht unter Druck.
Im Gegensatz zu Ihrer Station beim SSV Ulm 1846.
Genau. Dort ging es einzig und allein um den Klassenverbleib. Da waren wieder ganz andere Tugenden gefragt.
Sie haben sehr früh die Trainerlaufbahn eingeschlagen. Wie kam es dazu?
Ich habe mir zu meiner Zeit beim 1. FC Eislingen schon im Alter von 20 Jahren einen Knorpelschaden zugezogen – und mich dann auf die Trainerlaufbahn konzentriert.
Mit dem ehemaligen Kickers-Profi Uwe Igler haben Sie auch beim damaligen Oberligisten TSV Crailsheim zusammengearbeitet. Ist er Ihr Mentor?
Ja. Uns verbindet eine Freundschaft. Wir stehen in regelmäßigem Kontakt, ab und zu erzählt er von seinen positiven Erinnerungen an die Kickers.
Er spielte zu Zweitligazeiten bei den Blauen. Wie genau haben Sie den Absturz der Kickers verfolgt?
Die Mannschaft hatte im Mai 2015 noch Aufstiegschancen in die zweite Liga. In dem Jahr absolvierten die Kickers als Drittligist auch ein WFV-Pokal-Spiel gegen meine Heininger Mannschaft. Der Absturz ist schon der Wahnsinn, aber es hat auch schon andere Traditionsvereine getroffen. Ich blicke jetzt positiv nach vorne.
Auf was freuen Sie sich am meisten?
Dass es jetzt los geht, und ich alle Spieler bei allen Trainingseinheiten zur Verfügung habe – das war in Ulm leider nicht immer der Fall. Und natürlich auch auf die vielen Derbys. Nach Göppingen kann ich von meinem Wohnort Jebenhausen mit dem Fahrrad hinfahren, nach Schwäbisch Gmünd ist es auch nicht viel weiter.
Zum Abschluss noch zwei Fragen zur WM: Wie weit kommt die deutsche Mannschaft, und wer wird Weltmeister?
Die deutsche Mannschaft ist eine Turniermannschaft und kann ins Endspiel kommen. Da meine Frau Kroatin ist, am liebsten gegen Kroatien, dann ist der Hausfrieden hergestellt (lacht). Aber natürlich hoffe ich, dass Deutschland Weltmeister wird.

Zur Person

Tobias Flitsch ist am 17. November 1979 in Göppingen geboren und in Eislingen aufgewachsen. Der A-Lizenz-Inhaber ist verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von vier und zwölf Jahren und lebt im Göppinger Stadtbezirk Jebenhausen. Er ist Inhaber eines Sportfachgeschäfts in Verbindung mit einer Werbeagentur.

Vorbereitungsplan

Samstag, 30. Juni: Fanfest und Testspiel Kickers – FC Ingolstadt (14 Uhr/ADM-Sportpark)

Sonntag, 8. Juli: Turnier in Rielasingen zwischen 14 Uhr und 18 Uhr

Sonntag, 15. Juli: Testspiel auf dem Gelände des TSV Wenkheim: VfR Aalen – Kickers

Freitag, 20. Juli: Testspiel auf dem Gelände des SV Dotternhausen: TSG Balingen – Kickers

Samstag, 28. Juli: 1. Testspiel: SV Deckenpfronn – Kickers (14 Uhr)

2. Testspiel: TuS Ergenzingen – Kickers (17.30 Uhr)

Wochenende 4./5. August: 1. Runde WFV-Pokal

Wochenende 11./12. August: 1. Spieltag Oberliga