Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf – mehr als jeder fünfte Heranwachsende. Ein ungelöstes Problem. Die Situation hat sich durch die Corona-Krise nochmals verschärft.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Berlin - Die Armutsgefährdungsquote von Kindern und Jugendlichen ist in Deutschland von 2006 bis 2018 deutlich gestiegen. Das geht nach einer Auswertung der Linken-Sozialexpertin Sabine Zimmermann anlässlich des Weltkindertags am Sonntag (19. September) aus Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat hervor. Den Daten zufolge stieg der Anteil von 12,4 Prozent im Jahr 2006 auf 14,5 Prozent 2018.

 

Die Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil derjenigen an, deren verfügbares Einkommen unter Einbeziehung möglicher Sozialleistungen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung liegt. Betroffen sind laut Zimmermann 1 974 000 unter 18-Jährige und damit jedes siebte Kind beziehungsweise Jugendliche. 2006 waren es 1 885 000 Kinder und Jugendliche gewesen.

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Entbehrungen statt unbeschwerte Kindheit

„Für eines der reichsten Länder der Erde ist es beschämend, dass so viele Kinder von finanziellen Problemen betroffen sind“, sagte Zimmermann, die auch Vorsitzende des Familien- und Jugendausschusses des Bundestages ist. „Statt unbeschwert aufwachsen zu können, lernen sie Entbehrungen kennen.“

Die Linken-Politikerin forderte die Bundesregierung auf, sie solle „endlich ein Konzept gegen Kinderarmut vorlegen“. Durch die Corona-Pandemie, wegen der sich die Lage weiter verschärft habe, sei dies noch dringlicher geworden. „Die sozialen Leistungen müssen Armut verhindern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen“, forderte Zimmermann.

In Bayern und Baden-Württemberg ist die Lage der Kinder am besten

Zuletzt hatte die Bertelsmanns Stiftung eine Studie zur Kinderarmut in Deutschland vorgelegt.

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Der Analyse zufolge sind die Zahlen unverändert hoch und das Problem eine „unbearbeitete Großbaustelle“. Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf - 21,3 Prozent aller unter 18-Jährigen, wie die Bertelsmann Stiftung Mitte Juli berichtete. „Seit Jahren ist der Kampf gegen Kinderarmut eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland.“

Dennoch gebe es seit 2014 im bundesweiten Durchschnitt wenig Verbesserungen. Mehr als jeder fünfte Heranwachsende sei betroffen – mit regional starken Unterschieden. Die Corona-Krise drohe das Problem noch zu verschärfen.

Nach Bundesländern werden in den Stadtstaaten Bremen und Berlin besonders viele Kinder und Jugendliche in finanziell schwachen Verhältnissen groß. In Bayern und Baden-Württemberg sieht es für sie im Vergleich am besten aus.