Millionen Kinder in Deutschland müssen unter oder knapp an der Armutsgrenze leben. Auch bei der Spielplatzfläche sind Kinder aus ärmeren Familien benachteiligt, wie eine Studie zeigt.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Berlin - Kinder in den ärmsten Stadtteilen von deutschen Großstädten haben einem Bericht zufolge pro Person weniger Spielplatzfläche zur Verfügung als ihre Altersgenossen in den privilegiertesten Quartieren.

 

Vor allem in Westdeutschland sind sie gleichzeitig wesentlich häufiger Lärmbelastung ausgesetzt als Kinder in wohlhabenderen Gebieten, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Dienstag (13. April) berichteten. Sie berufen sich dabei auf eine empirische Untersuchung des Deutschen Kinderhilfswerks, der Böll-Stiftung und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB).

Fünf Quadratmeter Spielfläche pro Kind

Anhand von Daten aus Berlin, Dortmund, Erfurt, Hamburg, Leipzig, Nürnberg und Saarbrücken wertete ein Forscher-Team demnach aus, ob Kinder in ärmeren und reicheren Stadtteilen mit vergleichbar guter Infrastruktur aufwachsen. Dafür untersuchten sie den Zugang zu Kulturangeboten wie etwa Bibliotheken, Spielplatz- und Naturflächen, Verkehrssicherheit und Lärmbelastung.

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Außer in Hamburg hatten den Angaben nach in allen untersuchten Städten Kinder in den Stadtteilen mit der niedrigsten Hartz-IV-Quote deutlich mehr Spielplatzfläche pro Kopf zur Verfügung als Kinder in den ärmsten Gebieten. In Berlin waren es gut fünf Quadratmeter pro Kind in den ärmsten Gebieten und mehr als 18 in den reichsten.

Kinderarmut: Deutschlands „unbearbeitete Großbaustelle“

Kinderarmut bleibt einer Analyse der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh zufolge mit dramatisch hohen Zahlen eine „unbearbeitete Großbaustelle“ und könnte sich durch Corona noch weiter verschärfen. Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche wachsen demnach in Armut auf – 21,3 Prozent aller unter 18-Jährigen,

Laut Studie lebten 2019 bundesweit 13,8 Prozent der Kinder in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften. In Westdeutschland stagniert demzufolge die Quote – sie lag 2019 bei 13,1 Prozent (2014: 12,9 Prozent). Im Osten gab es seit 2014 (22,1 Prozent) einen Rückgang auf noch hohe 16,9 Prozent.

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Ruhrgebiet besonders betroffen

Auf kommunaler Ebene habe Gelsenkirchen die bundesweit höchste Zahl: Dort sind laut Bertelsmann-Studie 41,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen betroffen. In Bremerhaven (35,2) und Wilhelmshaven (33,8) werden ebenfalls besonders viele junge Menschen in armen Verhältnissen groß, gefolgt von den Ruhrgebietsstädten Herne, Duisburg, Mönchengladbach und Dortmund mit mehr als 30 Prozent.

Nach Bundesländern sieht es demnach in Bremen (31,3 Prozent) und Berlin (27,0) besonders ungünstig aus, in Bayern (6,3) und Baden-Württemberg (8,1) am besten.