Ein privater Kindergartenträger hat Eltern mit ihrem Nachwuchs wieder nach Hause geschickt, weil nicht genügend Personal da war. Auch die Stadt kennt das Problem. Aber wie könnte eine Lösung aussehen?

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Filder - Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – das hat sich der private und in Vaihingen beheimatete Kindergartenträger Konzept-e auf die Fahnen geschrieben. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, betreuen die Erzieher auch Kinder unter einem Jahr; die Einrichtungen haben lange Öffnungszeiten, und die Plätze können flexibel gebucht werden. Aber wenn im Herbst die Krankheitswelle nicht nur die Kinder, sondern auch die Erzieher erfasst, nutzen auch gute Rahmenbedingungen nichts mehr.

 

So war es in dieser Woche im Element-i-Kinderhaus Pressekiste an der Plieninger Straße in Möhringen. Weil sich zwei Erzieherinnen krank gemeldet hatten, konnte die Einrichtung am Montag und Dienstag nicht alle Kinder betreuen. Darüber wurden die Eltern per Mail informiert. „Leider rollt die Krankheitswelle weiter, und ich muss Ihnen mitteilen, dass wir heute nicht alle Kinder aufnehmen können. Daher bitte ich Sie zu prüfen, ob Sie Ihr Kind zu Hause oder anderweitig betreuen können. Die Öffnungszeiten können wir mit weniger Kindern aufrechterhalten“, war darin zu lesen. Viele Eltern kamen dieser Bitte nach. Und so musste die Pressekiste lediglich am Dienstag zwei Eltern mit ihren Kindern wieder nach Hause schicken. Davon wurde ein Kind nach Absprache erst um 13.30 Uhr gebracht, sodass die Mutter danach noch arbeiten gehen konnte.

Land legt Betreuungsschlüssel fest

Prinzipiell sei die Personalsituation in der Pressekiste gut, sagt Lisa Breiter. Sie ist bei Konzept-e für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Das Unternehmen habe zwei neue Erzieherinnen einstellen können. Dennoch könnten aufgrund des Betreuungsschlüssels nicht mehr alle Kinder angenommen werden, wenn zwei Mitarbeiter gleichzeitig ausfallen. Der Grund dafür sei der Fachkräftemangel, der alle Kitas in Stuttgart gleichermaßen treffe. Das Personal ist prinzipiell knapp. „Wir arbeiten mit einem Ressourcenkonzept, das alle Möglichkeiten prüft, um Engpässe in den Element-i-Kinderhäusern aufzufangen. Dazu gehört auch der Einsatz von Personal aus anderen Kitas. Allerdings führt der Personalmangel leider dazu, dass aktuell keine Fachkräfte aus anderen Kitas abgezogen werden können, ohne deren Betrieb zu gefährden. Das liegt vor allem daran, dass im November erfahrungsgemäß die ersten großen Krankheitswellen auf die Kitas zukommen“, sagt Breiter.

Es gibt klare Regeln, wie viele Erzieher in einer Kita anwesend sein müssen, um eine bestimmte Anzahl an Kindern aufzunehmen. Diese werden vom Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg festgelegt und sind auch für private und kirchliche Einrichtungen verpflichtend. Der Betreuungsschlüssel ist abhängig von vielen Komponenten wie Gruppengröße und Öffnungszeiten.

Prinzipiell gilt, dass in einer eingruppigen Kindertageseinrichtung dann eine Notsituation besteht, wenn nur eine Fachkraft da ist. Bei mehrgruppigen Einrichtungen muss immer mindestens eine Fachkraft pro Gruppe anwesend sein und mindestens ein Springer, um den Mitarbeitern zum Beispiel Pausen zu ermöglichen. Für Kleinkindgruppen gilt immer, dass eine Fachkraft und ein zusätzlicher Mitarbeiter benötigt werden.

Auch die Eltern sind in der Pflicht

Für städtische Kitas gibt es ein zweiseitiges Handout, in dem genau geregelt ist, wie die Mitarbeiter in einer personellen Notsituation vorgehen müssen. Zunächst müssen die Erzieher die Eltern informieren. Und sie sollen anwesende Eltern kurzfristig um ihre Mithilfe bitten, um zum Beispiel telefonieren zu können. Dann geht es darum, eventuell Unterstützung aus einem benachbarten Kindergarten zu bekommen.

Kann die Notsituation nicht ausgeglichen werden, geht die Kita zum sogenannten reduzierten Betrieb über. Das bedeutet, dass die Eltern gebeten werden, ihr Kind nicht zu bringen, falls ihnen das möglich ist. Reicht das nicht aus, werden Öffnungszeiten gekürzt, einzelne Gruppen oder sogar die gesamte Einrichtung geschlossen. „Das machen wir aber nur, wenn wirklich nichts mehr geht“, betont Uli Simon vom Jugendamt Stuttgart. Doch wenn bei großen Krankheitswellen viele Erzieher gleichzeitig ausfallen, müsse die Stadt hin und wieder zu diesem letzten Mittel greifen. „Da können sich die Eltern auf den Kopf stellen“, sagt Simon. Und der allgemeine Fachkräftemangel mache die Situation nicht besser. Die meisten Mütter und Väter seien jedoch verständnisvoll. „Sie sehen ja die Situation. Und sie wollen ja auch nicht, dass ihr Kind schlecht betreut wird“, sagt Simon. Auch Lisa Breiter sagt: „Es gibt nur selten Protest.“

Element-i sieht aber auch die Mütter und Väter in der Pflicht. „Die Eltern sollten darauf achten, ihre Kinder nicht krank in die Kita zu geben“, sagt Breiter. Ein Problem sei auch die psychische Belastung der Erzieher. „Im Sinne einer qualitativ guten Betreuung wäre es wünschenswert, wenn die Eltern mehr Verständnis für die Erzieher aufbringen würden. Denn leider kommt es auch vor, dass man den Erziehern mit Unverständnis entgegentritt und sie teilweise sogar niedermacht. Das führt wiederum dazu, dass die Erzieher psychisch noch mehr belastet sind und sich im schlimmsten Fall krank melden müssen.“ Breiter ergänzt: „Eltern müssen sich darauf vorbereiten, dass der Fachkräftemangel leider für die nächsten Jahre ein ständiger Begleiter sein wird. Das heißt: Eltern werden sich Notfalllösungen bei Betreuungsengpässen überlegen müssen.“