Seit dem 1. August gelten Änderungen für die Tagespflege: Tagesmütter erhalten ihr Geld jetzt pauschal und Eltern müssen ihren Bedarf nicht mehr nachweisen.

Stuttgart - Im Frühjahr 2012 sind in Stuttgart Tagesmütter auf die Straße gegangen – ein Jahr später gibt es hierfür keinen Anlass mehr. „Alles, was wir wollten, ist jetzt umgesetzt worden“, freut sich die Tagesmutter Anna Mayr, die „ein Dankeschön an die Stadt“ hinterherschiebt. Denn zum 1. August hat sich für Tagesmütter und Tagesväter, aber auch für Eltern, einiges geändert. Hintergrund ist der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, der nun auch für Ein- bis Dreijährige gilt.

 

So müssen Eltern von ein- und zweijährigen Kindern nun nicht mehr mit ihrem Arbeitsvertrag ihren Betreuungsbedarf nachweisen. Das Jugendamt fördert zwischen zehn und 50 Betreuungsstunden. Der Anspruch verfällt auch nicht mehr, wenn eine Mutter erneut in Erziehungszeit gehe, weil sie ein weiteres Kind bekommt. Bisher sei das anders gewesen, da sei das Kind aus der Tagespflege wieder rausgenommen worden, berichtet Sigrid Stein, die Leiterin der Tagesmütterbörse der Caritas, die die Änderungen sehr begrüßt.

Nur wesentliche Änderungen müssen gemeldet werden

Ein weiterer Punkt, der sich zum 1. August geändert hat, ist die Bezahlung der Tagesmütter. Bisher mussten diese die Betreuungsstunden streng dokumentieren und dem Jugendamt melden. Kam ein Kind eine halbe Stunde zu spät, weil die Mutter zum Beispiel im Stau steckte, wurde das als Fehlzeit vermerkt. Bis zu vier Wochen Ausfallzeit wurden über einen erhöhten Stundensatz vergütet. Seit dem 1. August erhalten Tagesmütter ihr Geld nun monatlich pauschal überwiesen. Nur wesentliche Änderungen müssten weiterhin gemeldet werden, so der stellvertretende Jugendamtsleiter Heinrich Korn. Dazu zählt zum Beispiel, wenn sich der Betreuungsumfang verändert hat oder die Eltern aus Stuttgart weggezogen sind. Wird das Kind krank oder ist es im Urlaub, bekommt die Tagesmutter jetzt weiterhin ihr Geld – und das ohne zeitliche Beschränkung. Der Landesjugendhilfeausschuss hatte im März den Jugendämtern die Entbürokratisierung der Vergütung der Tagesmütter empfohlen.

„Die Dokumentation war für die Tagesmütter zuvor ein Riesenaufwand“, sagt Sigrid Stein von der Caritas. Jetzt seien die Einkünfte für sie berechenbar und planbar. „Zuvor war es für beide Seiten belastend, auch für das Jugendamt, jetzt ist es viel besser“, sagt auch Cornelia Bains von Himpelchen und Pimpelchen, die seit 2002 in der Tagespflege Plätze im Westen anbietet. Schon in den vergangenen Monaten hat sie zwar regelmäßig ihr Geld vom Jugendamt überwiesen bekommen. „Aber wir wussten nicht, wie viel wir behalten können“, erklärt Cornelia Bains. Einmal im Jahr – oder wenn ein Vertrag beendet wurde – gab es die sogenannte Spitzabrechnung des Jugendamts. „Manchmal musste man auch kräftig nachzahlen“, erinnert sich die Stuttgarterin. Sie ist froh, dass das vorbei ist.

255 von 388 registrierten Tagesmüttern betreuen Kinder

Auch für die Eltern sei die Neuerung eine „große Erleichterung“, sagt Cornelia Bains. Schließlich durften Tagesmütter Fehlzeiten, die über die abgedeckten vier Wochen hinausgingen, komplett den Eltern in Rechnung stellen. Das konnte dazu führen, dass Eltern deutlich mehr an die Tagesmütter zahlten, wenn ihr Kind nicht betreut wurde, als wenn es betreut wurde.

Laut einer Gemeinderatsvorlage nimmt die Zahl der in Stuttgart tätigen Tagesmütter nicht zu, sondern ab. Diesem Trend hofft die Stadt also zu begegnen. „Die Änderung soll den Tagespflegepersonen mehr Sicherheit und weniger Aufwand bringen“, sagt Korn. Das mache die Tagespflege attraktiver. Ob die Entbürokratisierung letztlich mehr Tagespflegepersonen motiviere, könne man aber erst nächstes Jahr einschätzen. Von den 388 Tagesmüttern und Tagesvätern sind dem Jugendamt zufolge 255 belegt, 2012 sind 310 Tagespflegepersonen bei der Stadt registriert gewesen, 258 davon haben Kinder betreut.

Wenn eine Tagesmutter ihrem Beruf nicht nachgeht, könne das viele Gründe haben, betont Korn. Viele begännen, während ihre eigenen Kinder klein sind. Kommen diese in die Schule, hören sie als Tagesmutter wieder auf, bleiben aber offiziell weiterhin als Tagespflegeperson registriert.

Anfragen nach Qualifizierung steigen

Bei der Tagesmutterbörse der Caritas haben sich in den vergangenen Monaten die Anfragen von Frauen gehäuft, die Tagesmutter werden wollen. „Unsere Kurse sind voller, das zieht an“, sagt Sigrid Stein. Grund dafür sei auch die intensivierte Werbung. Wie nachhaltig die Entwicklung ist, könne sie noch nicht beurteilen. Die Änderungen könnten ihrer Einschätzung nach aber dazu beitragen, dass die Frauen länger dabei blieben.

Was die Eltern bezahlen

Förderung
Bereits seit dem 1. Januar 2012 bezuschusst die Stadt die Tagespflege einkommensunabhängig. Seither ist die Kinderbetreuung über eine Tagesmutter für Eltern ähnlich teuer wie in einer Kita.

Stundensatz
Eine Tagemutter erhält vom 1. August an pro Betreuungsstunde für ein unter drei Jahre altes Kind 5,50 Euro, wenn sie mindestens 70 Qualifizierungseinheiten absolviert hat. Bei weniger Unterrichtseinheiten sind es 4,90 Euro die Stunde. Damit folgt die Stadt der Empfehlung des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS). Für Kinder zwischen drei und sechs Jahren erhalten die qualifizierteren Tagesmütter 4,50 Euro die Stunde. Wer weniger als 70 Übungseinheiten absolviert hat, erhält 4,20 Euro.

Eltern
Das Jugendamt übernimmt den Großteil der Vergütung. Die Eltern zahlen 1,35 Euro pro Betreuungsstunde für ein Kind unter drei Jahren. 1,15 Euro pro Stunde werden für Kinder ab drei Jahren fällig. Essensgeld kommt (wie bei der Kita) noch hinzu.